Fußball: Aufregung um Manipulationsvorwurf

Archivbild: Sanel Kuljic im August 2014 vor Gericht.
Archivbild: Sanel Kuljic im August 2014 vor Gericht.(c) APA/HANS PUNZ
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Exprofi Sanel Kuljić, 41, spricht von geschobenen Bundesliga-Partien, zieht aber sein Buch Polizeiermittlungen vor. Liga und Mattersburg dementieren und kündigen rechtliche Schritte an.

Wien. Ein Wettskandal in Österreichs Fußball? Dazu fällt auf Anhieb der Name Sanel Kuljić ein. 2014 wurde der Exprofi vor Gericht als Schlüsselfigur im Fall von 18 geschobenen Bundesliga-Partien von 2004 bis 2013 (vorrangig Ereignis-, nicht Ergebniswetten) ausgemacht und wegen schweren Betrugs, Erpressung und Nötigung mit Dominique Taboga, der den Fall damals ins Rollen gebracht hatte, und sechs weiteren Personen verurteilt. Seit der vorzeitigen Haftentlassung im März 2017 war von Kuljić nicht mehr viel zu hören – bis Donnerstagfrüh.

Über die „Kronen Zeitung“ ließ der 20-fache Nationalspieler eine Bombe platzen: Nach wie vor sollen Spiele der heimischen Bundesliga manipuliert werden. Konkret nannte er die Niederlagen des SV Mattersburg gegen den WAC (0:6 im August 2018) und den Lask (1:3 im September 2018). „Aber es sind mehr“, wird Kuljić in dem Bericht zitiert. Dahinter sollen laut dem 41-Jährigen dieselben albanischen Drahtzieher wie einst stecken: Der Präsident des Profiklubs Skënderbeu, der von der Uefa wegen Wettspielmanipulation für zehn Jahre international gesperrt ist, und der CEO eines der größten Vertriebsunternehmen im Balkanstaat. „Das sind die Herren, die das Geld für die involvierten Spieler und die Wetten bereitstellen. War damals so und ist heute nicht anders“, erklärt Kuljić, der mit einer eidesstattlichen Erklärung für diese Aussage bürgen soll.
Diese Hintermänner wären nun in sein Leben zurückgekehrt, würden Druck auf ihn ausüben. Ein ehemaliger Mithäftling soll versucht haben, Kontakt herzustellen. „Ich habe Angst um mein Leben“, sagt Kuljić, der derzeit in Wien nach Arbeit sucht und im November mit seiner Lebensgefährtin das zweite Kind erwartet.

So weit die von Kuljić erhobenen Vorwürfe, denen es nachzugehen gilt. Er selbst betont, nichts damit zu tun und das Bundeskriminalamt bereits informiert zu haben. Doch „lange, ergebnislose“ Ermittlungen will der Torschützenkönig von 2006, der im Juli bei Siebentligist Enzersfeld angeheuert hat, nicht abwarten, stattdessen schon bald die „ganze Wahrheit“ in einem Buch veröffentlichen. Steckt am Ende also vielleicht gar nur ein hochriskanter Marketing-Gag dahinter?

Böse Überraschung

Die Bundesliga zeigte sich jedenfalls ebenso wie Mattersburg von den schweren Vorwürfen überrascht. „Eine sofortige Rücksprache mit dem Österreichischen Fußball-Bund, dem SV Mattersburg, dem Play Fair Code und insbesondere dem Bundeskriminalamt hat ergeben, dass abseits der Medienberichte keinerlei Informationen vorliegen, welche die Aussagen von Sanel Kuljić bekräftigen“, hieß es dazu in einer Aussendung der Liga. Darin wurden eine lückenlose Aufklärung und die Einleitung rechtlicher Schritte gegen Kuljić angekündigt. „Damit wird er gefordert sein, seine medialen Anschuldigungen mit stichhaltigen Beweisen zu untermauern.“

Auch in Mattersburg erfuhr man von den Anschuldigungen erst aus den Medien. „Ich möchte dazu nichts sagen. Wir konzentrieren uns auf das Spiel am Samstag“, sagt Franz Ponweiser, der Sportliche Leiter der Burgenländer, gegenüber der „Presse“ und verweist auf die juristischen Schritte gegen den Exprofi. Eine Erklärung, warum Kuljić ausgerechnet zwei Spiele seines Klubs erwähnt, hat Ponweiser nicht: „Keine Ahnung.“
Das Bundeskriminalamt bestätigte seinerseits, dass Ermittler am Mittwoch Kontakt mit Kuljić gehabt hätten. Demnach habe dieser dabei jedoch keine konkreten Spiele genannt, sondern angegeben, dass er ein Buch schreiben werde, teilte ein Sprecher mit.

Die Zukunft wird Kuljić' Rolle und Absichten in dieser Causa klären. Fest steht: Der Glanz seiner 36 Tore in insgesamt 104 Bundesligaspielen für Ried, Austria, Wr. Neustadt und Kapfenberg ist schon lange verblasst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2019)

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