Will Österreich den Aufstieg in die Top 12 schaffen, muss Tunesien heute mit elf Toren Differenz besiegt werden. Fünf Spiele in sieben Tagen fordern aber Tribut.
Herning. Das finale Gruppenspiel der österreichischen Handballnationalmannschaft bei der WM im dänischen Herning gegen Tunesien (17.30 Uhr, live in ORF Sport plus) wird wohl auch zu einer Kraftfrage. Es ist die fünfte Partie binnen sieben Tagen und damit eine Belastungsprobe der besonderen Art. Während in anderen Sportarten die Regenerationsphasen zwischen einzelnen Spielen länger ausfallen, müssen die Handballer bei der Endrunde phasenweise nur 18 Stunden nach der Schlusssirene wieder auf das Feld.
„Das ist einfach verrückt“, sagt ÖHB-Teamchef Patrekur Jóhannesson, auf das dichte Programm angesprochen. Auch für Rückraumspieler Gerald Zeiner bewegt man sich während dieses Großereignisses im grenzwertigen Bereich: „Du bekommst 60 Minuten lang auf die Fresse, jeder Sprint kostet sehr viel Kraft. Und dann musst du das vierte Spiel in fünf Tagen absolvieren. Das ist schon Wahnsinn.“
Der Handballsport ist physischer denn je, das zeigt sich auch in den einzelnen Begegnungen. Beim 17:28 gegen Gastgeber Dänemark boten die ÖHB-Männer dem Titelanwärter über 30 Minuten Paroli. Sie führten sogar bis zur 25. Minute, „doch dann ist uns die Kraft ausgegangen“, erklärte Jóhannesson die Sachlage in der Jyske-Bank-Boxen-Arena.
Laufen, fangen – dann werfen
Das Spiel gegen Dänemarks Stars war Beleg dafür, dass Österreich mit der Spitze mithalten kann – allerdings nicht über die volle Distanz. „Aber das ist der Handball der Gegenwart, er hat sich enorm entwickelt. Du musst 60 Minuten laufen, laufen, laufen.“ Natürlich gehe es nicht nur um Kraft und Kondition. „Du musst zusätzlich auch Bälle fangen und werfen“, ergänzte der Isländer schmunzelnd.
In den Duellen gegen Dänemark und auch Norwegen machte sich über 60 Minuten unbestritten ein Qualitätsunterschied bemerkbar. Während die Skandinavier ausschließlich über Akteure verfügen, die bei europäischen Topklubs engagiert sind, fehlt es Rot-Weiß-Rot vor allem an der Breite im Kader. Wird wie in der zweiten Halbzeit vermehrt durchgewechselt und bekommen Leistungsträger wie Nikola Bilyk oder Janko Božović die nötigen Verschnaufpausen, ist ein Leistungsabfall praktisch nicht zu verhindern.
Tunesien kämpft mit ähnlichen Problemen wie Österreich. Die Afrikaner verfügen nicht über 16 annähernd gleich starke Spieler. Will das ÖHB-Team als drittes Team neben Dänemark und Norwegen doch noch den Aufstieg in die Hauptrunde der Top 12 schaffen, muss Tunesien mit elf Toren Differenz besiegt werden. Gelingt das nicht, bedarf es Schützenhilfe, müsste Saudiarabien gegen Chile punkten.
Tormann Thomas Bauer wurde Dienstagabend Vater eines Sohnes. Er stieß Mittwochnachmittag noch zum Team in Herning.
Gruppe A: Russland – Brasilien 23:25, Korea – Serbien 29:31, Deutschland – Frankreich 25:25.
Gruppe C: Saudiarabien – Tunesien 20:24, Norwegen – Chile 41:20, Österreich – Dänemark 17:28.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2019)