7300 Reiche haben eigenes Family Office für sich

Auch Amazon-Gründer Jeff Bezos nutzt die Dienste eines Family Office.
Auch Amazon-Gründer Jeff Bezos nutzt die Dienste eines Family Office.REUTERS
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Die Superreichen engagieren immer öfter eigene Mitarbeiter, die sich um ihr Vermögen kümmern. Die traditionellen Banken geraten dabei zunehmend ins Hintertreffen, auch weil die Kunden frustriert sind.

Zürich. Still und heimlich ist an den Finanzmärkten in den vergangenen Jahren eine neue Macht entstanden: Family Offices. Die superreichen top 0,001 Prozent der Weltbevölkerung engagieren zunehmend eigene Mitarbeiter, die sich als moderne Butler um Villen, Privatjets und Jachten, vor allem aber um das Vermögen in Form von Wertpapieren, Firmenbeteiligungen oder Bargeld kümmern. „Fast alle Milliardäre haben inzwischen ein Family Office“, sagt Bain-Berater Matthias Memminger.

Was bei den Superreichen inzwischen zum guten Ton gehört, untergräbt zunehmend die etablierten Geschäftsmodelle der Banken. Die größten Family Offices haben ein Volumen erreicht, mit dem sie selbst Finanzinvestoren ausstechen und bei großen Übernahmen mitmischen können.

„Wer zu einem Vermögen kommt, freut sich erst einmal. Doch am nächsten Tag wacht er auf und merkt: Jetzt habe ich Arbeit für den Rest meines Lebens“, sagt ein Brancheninsider. Immer mehr Reiche delegieren diese Arbeit an ein Family Office. So taten das etwa Amazon-Gründer Jeff Bezos, der frühere Hedgefonds-Manager George Soros oder Luxusgüter-König Bernard Arnault. In den vergangenen Jahren hat diese Art von Vermögensverwaltern einen regelrechten Boom erlebt. Campden-Wealth-Expertin Rebecca Gooch schätzt, dass es gegenwärtig 7300 Single-Family-Offices gibt, die für eine einzige Familie arbeiten, 38 Prozent mehr als noch vor zwei Jahren. Diese verwalteten den Rekordwert von 5,9 Billionen Dollar. Das ist doppelt so viel wie Hedgefonds auf die Waage bringen.

Dabei ist die Spannbreite enorm – von der Ein-Mann-Einheit, die für 50 Millionen Dollar zuständig ist, bis zur Anlage-Organisation mit Dutzenden Milliarden an Vermögen. Eine Anlagefirma wie Waypoint der Genfer Familie Bertarelli gleicht mit ihren rund 200 Mitarbeitern einer kleineren Ausführung von Private-Equity-Firmen wie KKR. Hochburg der Family Offices seien die USA, gefolgt von Großbritannien, der Schweiz und Deutschland, sagt Berater Memminger, der mit über 20 von ihnen zusammengearbeitet hat. Asien stehe erst am Anfang.

Family Offices haben den Banken in den vergangenen Jahren viel Geschäft weggenommen, obwohl einige – etwa die Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse – ihre Strategie stark auf die Superreichen ausgerichtet haben. So zählt Branchenprimus UBS mehr als die Hälfte aller Milliardäre zu seinen Kunden. Doch Experten zufolge bedienen die Großbanken diese Klientel vor allem mit Krediten, Transaktionen und Zahlungsdiensten. Damit verdienen sie zwar gutes Geld, mit der zentralsten Aufgabe der Anlagesteuerung werden sie aber selten betraut.

Eigene Banker eingestellt

„Viele reiche Familien sind heute frustriert über die Dienstleistung, die sie von Vermögensverwaltungsbanken erhalten“, sagt der Chef eines großen Family Office. Gerade Unternehmer seien gewohnt, dass alles für sie maßgeschneidert werde. Von Banken erhielten sie aber meist nur Produkte von der Stange. Family Offices sind dagegen viel freier in der Auswahl der Anlagen und schaffen damit auch oft eine bessere Performance. Banken verlangten zudem gemessen an der Rendite, die sie erzielten, hohe Gebühren für die Vermögensverwaltung, erklärt Memminger. Die Banker mit eigenen Leuten zu ersetzen kann sich deshalb rechnen. Wenn die Verwaltung von 500 Millionen Dollar bei einer Bank etwa zwei Millionen Dollar pro Jahr kostet, lässt sich dafür auch ein eigenes Team zusammenstellen.

Die Family Offices sorgen auch für einen härteren Wettbewerb zwischen den Banken. Denn als Geschäftspartner sind sie für die Banken anspruchsvoller als ein Privatkunde, weil sie viel mehr Know-how mitbringen. Viele ihrer Mitarbeiter rekrutieren sich aus Investmentbanken oder Private-Equity-Firmen. (Reuters/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2019)

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