UNO: "Gefahr einer weltweiten Rezession"

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Im Jahresbericht der Vereinten Nationen heißt es, das Wachstum der Weltwirtschaft werde nahezu zum Erliegen kommen. Investoren flüchten bereits in risikoarme Anlagen.

Die Vereinten Nationen sehen die Gefahr einer weltweiten Rezession. Es gebe klare und bereits gegenwärtige Gefahren dafür, dass das Wachstum der Weltwirtschaft nahezu zum Erliegen komme, hieß es am Mittwoch im Jahresbericht der UNO zur globalen Wirtschaftsentwicklung. Gründe dafür seien vor allem der Abschwung am US-Häusermarkt und die Kreditmarkt-Krise. Verstärkt werde die Rezessions-Gefahr durch den schwachen Dollar.

"Die Risiken sind da"

Zwar könne die Weltwirtschaft 2008 um etwa 3,4 Prozent wachsen. Spiele man jedoch ein pessimistischeres Szenario durch, könne der Zuwachs auch bis auf 1,6 Prozent schrumpfen.

Derzeit gebe es noch nicht die klare Prognose einer Rezession. "Aber die Risiken sind da", hieß es. Die Chancen stünden etwa 50 zu 50. Vor zwei Monaten seien die Vereinten Nationen noch optimistischer gewesen.

UN-Experten legen der Europäischen Zentralbank (EZB) nahe, die Leitzinsen zu senken. "Sie sollen jetzt handeln", fordert Heiner Flassbeck, Direktor der Globalisierungsabteilung bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad). Sollten die wichtigsten internationalen monetären und politischen Entscheidungen nicht mit Mitteln der Geldpolitik entgegensteuern, empfiehlt Flassbeck eine expansivere Fiskalpolitik. Die Sparpolitik der deutschen Bundesregierung bezeichnet er als den falschen Weg.

China, Japan und andere Länder mit großen Finanzreserven sowie viele ölexportierende Länder müssten ihre Binnennachfrage ankurbeln, zitiert das "Handelsblatt" den Experten. Es sollten öffentliche Investitionen in das Gesundheitswesen, die Bildung und in die soziale Sicherheit erfolgen.

Ex-US-Finanzminister: "An einem Wendepunkt"

Auch der ehemalige US-Finanzminister Larry Summers hält eine Rezession in den USA für immer wahrscheinlicher. "Ich gehe stark davon aus, dass sich die US- und die Weltwirtschaft an einem Wendepunkt befinden und ein höheres Risiko als je zuvor in diesem Jahrhundert haben, in eine Rezession zu rutschen", sagte Summers. Dass sich die US-Wirtschaft abschwäche und in eine Rezession falle, sei der wahrscheinlichste Fall.

"Der US-Verbraucher ist nicht in der Lage, die Wirtschaft nach vorne zu bringen", sagte Summers, der unter US-Präsident Bill Clinton von 1999 bis 2001 im Amt war. In den USA hat der private Konsum maßgeblichen Anteil an der Wirtschaftsleistung. Zuletzt hat eine überraschend schwache Entwicklung am Arbeitsmarkt aber Sorgen vor einer deutlichen Abkühlung auch des privaten Konsums geschürt.

Auch Weltbank warnt

Die Weltbank und das private Weltwirtschaftsforum (WEF) zählen ebenfalls zu den Warnern. Die Weltbank senkte erst gestern ihre Prognosen zum Wachstum der Weltwirtschaft von 3,6 auf 3,3 Prozent für 2008.

Noch sagt die Weltbank der ostasiatischen Region hohes Wachstum voraus - angetrieben durch die Dynamik Chinas. Aber auch die Kapitalströme nach Ostasien könnten 2008 nachlassen. "Sollten sich bei den internationalen Finanzkonzernen die Verluste durch die Kreditkrise erheblich ausweiten, könnten sie andere Investments auflösen, unter anderem in Ostasien, um Portefeuilles umzuschichten und negative Effekte auf die Handelsgewinne abzuschwächen", schreibt die Weltbank laut "Handelsblatt".

In der WEF-Studie "Globale Risiken 2008" heißt es ebenfalls: "Eine Rezession in den USA ist möglich". Der kurzfristige Ausblick für 2008 wird als höchst unsicher bezeichnet. Grund für die Rezessionsängste sei die US-Finanzkrise, die auf die Realwirtschaft überzuspringen drohe.

Goldman: Auch Japan steuert auf Rezession zu

Die US-Investmentbank Goldman Sachs erwartet in diesem Jahr eine Rezession in den USA. Im zweiten und dritten Quartal werde die Wirtschaftsleistung aufs Jahr hochgerechnet um jeweils ein Prozent schrumpfen, prognostizierte das Geldhaus am Mittwoch. Japan könnte nach Einschätzung von Goldman Sachs den USA in diesem Jahr in eine Rezession folgen. Die japanischen Volkswirte des Geldhauses erklärten, die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft liege bei 50 Prozent.

Investoren flüchten in sichere Anlagen

Der Goldpreis erreichte den historischen Höchstwert von 891,70 Dollar für eine Feinunze. Die Renditen von US-Staatsanleihen hingegen sanken auf den tiefsten Wert seit drei Jahren. Es ist ein typischer Mechanismus - in einer Rezession würden Aktien an Wert verlieren, also entscheiden sich die Anleger eher für Anleihen (sie "borgen" zum Beispiel dem Staat Geld), da diese als sicherer gelten. Die so gestiegene Nachfrage führt zu sinkenden Renditen, da mehr Investoren bereit sind, auch zu schlechteren Konditionen Anleihen zu zeichnen.

Der Analyst Philip Roth von Miller Tabak & Co beobachtet noch einen Trend: Konjunkturunabhängige Wertpapiere werden beliebter. Das sind zum Beispiel Aktien von Pharmaunternehmen: Medikamente werden auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten benötigt. (Ag/phu/ebl/nk)


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