Bankgeheimnis: Der Druck auf Österreich steigt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Finanzminister Molterer allein gegen die Informations- pflicht, Belgien und Luxemburg lenken ein. Die Steueroase gerät unter Druck. Die EU-Kommission will Einigung mit Drittstaaten wie Liechtenstein und der Schweiz.

BRÜSSEL. Österreich wird auf seinem Bankgeheimnis bis mindestens 2011 beharren. Das sagte Vizekanzler und Finanzminister Wilhelm Molterer am Dienstag beim EU-Finanzministerrat in Brüssel. „Das Bankgeheimnis steht nicht zur Disposition“, betonte er. Von 2003 bis 2011 ist die umstrittene Zinsertrags-Richtlinie der EU in Kraft, die Österreich, Belgien und Luxemburg eine Ausnahme von der Informationspflicht über Konten garantiert. Um die Richtlinie aufzuheben, bräuchte es Einstimmigkeit unter den 27 EU-Staaten.

Im Laufe des Dienstags verlor Molterer allerdings seine Verbündeten Belgien und Luxemburg: Beide können sich ein Einlenken vorstellen. Österreich stünde damit in der EU alleine da. Die drei Länder melden derzeit keine Daten ausländischer Bankkunden ans Heimatland, sondern heben stattdessen anonym eine Quellensteuer ein, die zu 75 Prozent an das Heimatland der Bankkunden überwiesen wird. Der Steuersatz steigt bis zum Jahr 2011 von derzeit 15 auf 35 Prozent.

Der Druck der anderen 24 EU-Partner auf die drei Ausnahme-Staaten, das Bankgeheimnis aufzuheben, wächst: Vor allem Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück forderte am Dienstag, Österreich, Belgien und Luxemburg sollten ebenfalls endlich nach den OECD-Standards zusammenarbeiten. Immerhin könnte ohne ein Bankgeheimnis auch der Steuerhinterziehung besser vorgebeugt werden. Die Diskussion darüber war in den Vorwochen entbrannt, nachdem in Deutschland Steuersünder aufgeflogen waren, die offenbar Milliardensummen in Liechtenstein geparkt haben.

Von den „Steueroasen“ Europas außerhalb der EU – Liechtenstein, die Schweiz, Andorra, Monaco und San Marino – will es Molterer abhängig machen, ob Österreich im Streit um das Bankgeheimnis doch noch einlenkt: Erst wenn diese Drittstaaten zu „Änderungen“, also zu mehr Informationen an die EU, bereit seien, könne sich Wien eine Abkehr vom Bankgeheimnis vorstellen.

Obwohl sich die EU-Kommission seit längerem darum bemüht, ist in den nächsten Jahren allerdings kein großer Fortschritt in den Verhandlungen mit den Drittstaaten zu erwarten.

Zu früheren Vorwürfen Steinbrücks, die dieser aber relativiert hat, sagte Molterer: „Österreich ist keine Steueroase, sondern ein transparentes Land mit hohem Standard.“ Wien stehe hinter dem Bankgeheimnis, das in der Verfassung verankert ist und daher nur mit Zweidrittelmehrheit im Parlament aufgehoben werden könnte, weil es „ausschließlich ein Instrument zur Sicherung des Vertrauens der Anleger“ sei. Von einer Möglichkeit zur Steuerflucht durch das Bankgeheimnis wollte Molterer also nicht sprechen.

Belgien, Luxemburg wackeln

Die Stellungnahmen aus Belgien und Luxemburg könnten Österreich dennoch unter Zugzwang bringen: Immerhin kann sich der belgische Finanzminister Didier Reynders vorstellen, das Bankgeheimnis bald zu kippen. Belgien werde „niemals“ den ab 2011 vorgesehen 35-prozentigen Quellensteuersatz anwenden, sagte Reynders am Dienstag.

Auch der luxemburgische Regierungschef und Finanzminister Jean-Claude Juncker denkt an ein Einlenken: „Es kann nicht Aufgabe europäischer Finanzplätze sein, sich auf Kosten ihrer Nachbarn zu bereichern“, sagte er.

Die EU macht nun bei der geplanten Halbzeit-Reform der Zinsbesteuerung Druck. Ein Bericht soll bereits bis Mai vorliegen. Dem Ergebnis wolle er „nicht vorgreifen“, sagte Molterer. Steinbrück schloss Auswirkungen auf das Bankgeheimnis nicht aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2008)

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