Kommunalkredit wird verstaatlicht

Kommunalkredit
Kommunalkredit(c) APA (Georg Hochmuth)
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Das Geldinstitut der Gemeinden und Städte braucht dringend eine Finanzspritze. In Finanzkreisen wird die Rettung als "dramatischer Akt bezeichnet".

Wien. Die Meldung kam am Sonntag um 18.24 Uhr: Die Kommunalkredit hat massive Finanzierungsprobleme und muss vom Staat aufgefangen werden. Damit hat die Finanzkrise auch Österreich voll im Griff. Immer mehr Banken stehen mit dem Rücken an der Wand. Erst vor eineinhalb Wochen hatte es die Constantia Privatbank erwischt. Während aber bei der Constantia im Zuge der Rettungsaktion mehrere österreichische Großbanken eingestiegen sind und der Staat nur eine Haftung abgab, ist die Kommunalkredit eine Nummer zu groß. Finanzkreisen zufolge soll der Staat die Mehrheit und damit die Kontrolle an der angeschlagenen Bank übernehmen. Bisher halten die Volksbanken die Mehrheit an der Kommunalkredit.

Das Institut kommt auf eine Bilanzsumme von 35 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die Constantia hatte eine Milliarde Euro erwirtschaftet. Die Rettung ist bemerkenswert. Denn die Kommunalkredit ist nicht irgendein Institut. Sie ist einer der größten Anbieter bei öffentlichen Finanzierungen in Zentral- und Osteuropa. Mehr als 60 Prozent aller Länder, Städte und Gemeinden unterhalten in Österreich Geschäftsbeziehungen zur Kommunalkredit. Sogar der Gemeindebund hält ein kleines Aktienpaket. Weiters fungiert das Institut als Treuhänder und Manager für den Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds der Republik sowie als Agentur für alle Umweltförderungen mit einem Investitionsvolumen von rund einer Milliarde Euro pro Jahre.

In Finanzkreisen wird die Rettung als „dramatischer Akt" bezeichnet und als Hintergrund ein Engagement in Island vermutet.

Kritik gibt es am Management. Die Kommunalkredit hatte erst Anfang Oktober ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Damit versicherte Bankchef Reinhart Platzer, dass es in seinem Haus keine Probleme gibt. In einer kurzen Stellungnahme bestätigte Platzer am Sonntag, dass er Verhandlungen mit dem Finanzministerium aufgenommen habe. Gesprochen wird „über die Anwendung liquiditäts- und unternehmensstärkender Instrumente des vom Nationalrat beschlossenen Maßnahmenpakets zur Sicherung des österreichischen Finanzmarktes".

Die Volksbanken halten derzeit noch 50,78 Prozent. Der Gemeindebund ist mit 0,22 Prozent beteiligt. Die restlichen 49 Prozent gehören der französischen Partnerbank Dexia, die ebenfalls vor wenigen Wochen in eine gefährliche Schieflage geraten war. Die Dexia musste mit einer Finanzspritze von über sechs Milliarden Euro von Frankreich und Belgien vor dem Zusammenbruch gerettet werden. Finanzkreisen zufolge dürfte es so gut wie fix sein, dass auch Dexia den Anteil abgibt.

15 Milliarden stehen bereit

Wie schlecht es der Kommunalkredit geht, zeigt sich daran, dass erst am Sonntag mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt das Banken-Rettungspaket der Regierung offiziell in Kraft getreten ist. Und gleich darauf sprach das Kommunalkredit-Management beim Finanzministerium vor. Im Zuge des Gesetzes kann der Staat mit bis zu 15 Milliarden Euro bei Banken und Versicherungen einsteigen. Dazu wird in den nächsten Tagen bei der staatlichen Industrieholding ÖIAG eine eigene Tochter gegründet. Im Vorstand der ÖIAG-Gesellschaft werden Ex-Notenbank-Gouverneur Klaus Liebscher und Ex-Banker Adolf Wala sitzen.

Man darf schon gespannt sein, welches Institut noch um eine Staatshilfe ansuchen wird. Bislang hatte die ÖVAG stets versichert, dass sie und ihre Tochter Kommunalkredit kein staatliches Geld braucht. Nun ist aber alles anders. In Finanzkreisen wird befürchtet, dass die 15 Milliarden Euro möglicherweise gar nicht ausreichen. Die Erste Bank hatte in der Vorwoche erklärt, sie prüfe die Inanspruchnahme des Maßnahmenpakets. Dem Vernehmen nach sollen auch Wüstenrot und die Hypo-Alpe-Adria an einer Hilfe interessiert sein.

Stichwort Kommunalkredit

Die Kommunalkredit, einst direkte Tochter der Investkredit, gehört seit der Übernahme der Investkredit durch die Volksbank-Gruppe Ende 2005 mehrheitlich und direkt der Volksbank AG (früher ÖVAG). Nun könnte demnächst der Staat bei der Nummer acht der österreichischen Kreditinstitute die Mehrheit übernehmen.

Kommunalfinanzierer in maßgeblich öffentlicher Hand sind international breit gestreut. Und die Zahl von verstaatlichten oder teilverstaatlichten Mitbewerbern nimmt inmitten der Finanzkrise auf der ganzen Welt stetig zu.

Ende des ersten Halbjahres 2008 hatte die auf öffentliche Finanzierungen spezialisierte Kommunalkredit samt ihrer Osteuropatochter Dexia Kommunalkredit Bank (DexiaKom) eine Gruppen-Bilanzsumme von 44,5 Mrd. Euro. Aus Österreich heraus (ohne DexiaKom) belief sich das Bilanzvolumen zuletzt auf 35 Mrd. Euro.

In Österreich beschäftigt die Bank rund 300 Mitarbeiter, im Ausland (vor allem in Osteuropa über die Tochter DexiaKom) weitere 800 - insgesamt also in Summe 1.100 Leute.

Eigene Filialen hat die Kommunalkredit nicht in Österreich, dafür aber Bankaktivitäten und Repräsentanzen in mehreren Staaten Osteuropas samt "International"-Bank auf Zypern.

In den vergangenen Wochen musste die Partnerbank Dexia in Frankreich gleich zweimal mit Staatshilfe (Frankreich, Belgien, Luxemburg) vor Schieflage bewahrt werden. Ende September kursierten bereits Gerüchte, wonach Dexia zu Verkäufen von Vermögensteilen gezwungen wäre und auch die Hälfte an der Kommunalkredit betroffen sein könnte. Was damals dementiert wurde. Ob Dexia als Aktionär in der österreichischen Bank bleibt, war Sonntagabend offen.

Die Bank wurde 1958 als Spezialbank gegründet, um Österreichs Gemeinden zinsgünstige langfristige Darlehen zur Verfügung zu stellen. Mehr als 60 Prozent der Gemeinden sind heute ihre Kunden. In den vergangenen Jahren hat sich hat sich die Bank zunehmend auch im internationalen Geschäft betätigt, finanziert Gemeinden, Städte, Regionen und Länder sowie Unternehmen im öffentlichen Einflussbereich in ganz Europa. Auch im Cross-Border-Leasing ist sie tätig. Sie wickelt die Umweltförderungen in Österreich ab, managt den Wasserwirtschaftsfonds und ist "Agent" der Republik zur Abwicklung des Handels vom Emissionszertifikaten.

Als Gruppe ist die Kommunalkredit in derSlowakei, Polen, Ungarn, Rumänien, in Tschechien, Bulgarien, Kroatien sowie in Zypern vor Ort vertreten. Die Marktpräsenz umfasst zudem die Märkte der Schweiz, Griechenlands und der baltischen Länder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2008")

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