Ende von Lehre für Asylwerber: "Zynisch, unsinnig und bösartig"

Symbolbild: Asylwerber in Lehre
Symbolbild: Asylwerber in LehreClemens Fabry
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Die Opposition übt harsche Kritik am Plan der türkis-blauen Bundesregierung, die Lehre für Asylwerber abzuschaffen. Das sei "integrations- und wirtschaftsfeindlich".

Die Ankündigung der Regierung, die Lehre für Asylwerber abzuschaffen, sorgt für harsche Kritik der Opposition. Auch wenn die Regierung nunmehr plant, dass Asylwerber, die eine Lehre begonnen haben, diese auch abschließen dürfen.  Die von der türkis-blauen Bundesregierung angekündigte Maßnahme sei "unsinnig wie bösartig", "zynisch und kurzsichtig" sowie "integrations- und wirtschaftsfeindlich", sagen SPÖ und Neos.

Die pinke Parteichefin, Beate Meinl-Reisinger, meldete sich via Facebook-Video zu Wort: Die Regierung sei mit der Abschaffung der Lehre für Asylwerber "eindeutig zu weit gegangen". Die Ankündigung passe zur "ausländerfeindlichen Politik" der Regierung. Die Ausländerfeindlichkeit gehe so weit, dass "wirtschaftsfeindlich" agiert werde. Immerhin gebe es einen "massiven Fachkräftemangel". Die Wirtschaft brauche Lehrlinge. Die Möglichkeit für Asylwerber, eine Lehre zu absolvieren, sei eine Chance für die Wirtschaft und auch für die Integration gewesen. Diese würde nun nicht nur den Betrieben sondern auch den Asylwerbern genommen.

Rot-Weiß-Rot-Karte sei "jetzt schon ein Rohrkrepierer"

Die Kritik der Neos richtet sich insbesondere gegen die ÖVP. Die müsse, wie Meinl-Reisinger fordert, Farbe bekennen, "ob sie sich weiter an eine ausländerfeindliche FPÖ herankuschelt, oder ob sie wieder zur wirtschaftspolitischen Raison kommt und Entscheidungen trifft, die das Land nach vorne bringen". Es scheine als schiele die ÖVP derzeit lediglich auf Umfragen und auf den Beifall des Stammtisches.

Grundsätzlich ist es Asylwerbern hierzulande verboten, während ihres Asylverfahrens eine Arbeit anzunehmen. Eine Ausnahme besteht seit 2012 für junge Asylwerber: Sie dürfen eine Lehre in einem „Mangelberuf“ absolvieren. Das soll nun abgeschafft werden. Stattdessen soll, wie Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Sonntag sagte, ein eigener Aufenthaltstitel für Lehrlinge geschaffen werden. Sie sollen die Rot-Weiß-Rot-Karte (für die strenge Kriterien gelten) bekommen können. Für die Neos ist das keine Lösung. Die Rot-Weiß-Rot-Karte sei "jetzt schon ein Rohrkrepierer". Die solle man "nicht auch noch auf Flüchtlinge" ausdehnen.

"Die Politik der Regierung schadet unserer Wirtschaft"

Empört reagierte auch die SPÖ auf die Pläne von Türkis-Blau. "Asylwerbern eine Lehre in gesuchten Berufen zu verunmöglichen und gleichzeitig über die Regionalisierung der Mangelberufsliste vermehrt Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu holen, ist so unsinnig wie bösartig. ÖVP und FPÖ vergrößern damit die Probleme, die sie vorgeben zu lösen. Wir haben in Österreich bereits heute die Situation, dass es mehr freie Lehrstellen als Lehrstellensuchende gibt. Die Politik der Regierung schadet unserer Wirtschaft und ist völlig widersinnig", sagte SPÖ-Chef Christian Kern in einer Stellungnahme.

"Das klare Ziel der Regierung ist Lohn- und Sozialdumping. Wer jugendlichen Asylwerbern das Erlernen eines Lehrberufs verbietet, gleichzeitig aber mit der Regionalisierung der Mangelberufsliste den Arbeitsmarkt für Arbeitnehmer aus Drittstaaten außerhalb des EWR-Raums öffnet, möchte das heimische Lohnniveau drücken und betreibt das Geschäft der Konzerne und der Industrie", erklärte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher.

Die Regierungspläne, den Zugang zur Lehre für Asylwerber wieder abzuschaffen, haben auch Hilfsorganisationen kritisiert. Von einer "völligen Fehlentscheidung" sprach Caritas-Präsident Michael Landau am Montag in einer Aussendung. Rotkreuz-Präsident Gerald Schöpfer zeigte sich in einer ersten Reaktion "enttäuscht". Scharfe Worte kamen auch von SOS Mitmensch und der asylkoordination.

Die Wirtschaftskammer plädierte für eine "pragmatische Lösung" für das Thema. "Wichtig ist eine klare Regelung die sauber zwischen Asyl und qualifizierter Zuwanderung unterscheidet. Dabei tritt die Wirtschaftskammer für einen eigenen Niederlassungstitel zur Absolvierung einer Ausbildung für Lehrlinge aus Drittstaaten, als auch eine Verbesserung und Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Karte ein."

(j.n./APA)

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