Im Zuge des geplanten Plastiksackerlverbots wird in Österreich darüber diskutiert, ob die Handelsketten verpflichtet werden sollen, für die kleinen Obstsackerln Geld zu verlangen.
Wien. Der „Presse“-Artikel aus der Vorwoche, wonach das von der türkis-blauen Regierung geplante Plastiksackerlverbot auf Eis liegt, sorgte für zahlreiche Reaktionen. Zwei Tage später berichtete auch die „Kronen Zeitung“, dass das Verbot in der Luft hängt. Denn die Expertenregierung will nur verwalten, aber nichts beschließen. Die „Kronen Zeitung“ forderte daher die ÖVP auf, hier etwas zu tun.
Danach ging es Schlag auf Schlag. Die frühere ÖVP-Umweltministerin Elisabeth Köstinger erklärte am Wochenende, dass sie in der Nationalratssitzung am morgigen Mittwoch als ÖVP-Abgeordnete eine entsprechende Initiative einbringen wird. Die FPÖ will dieser Initiative zustimmen. Damit kann das Gesetz wie geplant im nächsten Jahr in Kraft treten. Allerdings gibt es noch einige umstrittene Details. Ein wichtiges Thema sind die dünnen Obst- und Gemüsesackerln aus Plastik. In Italien müssen Konsumenten seit dem Vorjahr für ein solches Sackerl einen bis drei Cent zahlen.
In Österreich und in Deutschland sind diese kleinen Plastikbeutel derzeit kostenlos. Doch am Dienstag kündigte in Deutschland die Hofer-Mutter Aldi an, für jedes Sackerl künftig einen Cent zu verlangen. In Österreich plant Hofer hier keine Änderung.
Obstbeutel sind sehr beliebt
In Deutschland erfreuen sich die kleinen Obstbeutel großer Beliebtheit. Es gibt Kunden, die ihren gesamten Einkauf in die kostenlosen Beutel packen. Im Gegenzug ist der Verkauf der größeren und dickeren Plastiktragetaschen, die an der Kasse erhältlich sind, zurückgegangen. Denn für diese dickeren Tragetaschen müssen Konsumenten etwas bezahlen.
Nun wird in Österreich darüber diskutiert, ob die Händler auch für die dünnen Obstsackerln Geld verlangen sollen. Im Initiativantrag von Köstinger heißt es, dass leichte Tragetaschen (Obst- oder Knotenbeutel) aus Plastik verboten werden sollen. Sie sollen durch kleine Beutel, die biologisch abbaubar sind und aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, ersetzt werden. Die Handelsketten sollen nach Ansicht der ÖVP selbst entscheiden können, ob sie für die neuen Bio-Obstsackerln Geld verlangen. Die SPÖ sieht das anders. Die SPÖ kündigte an, im Parlament einen eigenen Antrag zum Plastiksackerlverbot einbringen zu wollen. Demnach soll in Österreich eine Entgelt-Pflicht für die kleinen Obst- und Gemüsebeutel eingeführt werden.
Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und Global 2000 stehen hier hinter der SPÖ. Vertreter von Global 2000 sind der Ansicht, dass der ÖVP-Antrag „entschieden“ nachgebessert werden müsse. In der derzeitigen Form verabsäume er die Chance, Einwegsackerln, egal aus welchem Material, insgesamt zu reduzieren. „Es ist dringend nötig, dass Tragetaschen aus anderen Materialien, wie etwa Papier, nur entgeltlich abgegeben werden“, heißt es bei Global 2000.
Handelsketten warten ab
Auch Greenpeace forderte ein Aus für alle Gratis-Wegwerfsackerln, um das Problem nicht auf andere Materialien wie etwa Bio-Plastik oder Papier zu verschieben. Greenpeace will weiters klare gesetzliche Qualitätsanforderungen für Sackerln aus Bio-Plastik wie Kartoffeln oder Mais. Diese sollen vollständig aus nachwachsenden Ressourcen produziert und gentechnikfrei hergestellt sowie im eigenen Garten kompostierbar sein.
Die Handelsketten warten nun ab, ob der ÖVP-Antrag tatsächlich mit Unterstützung der FPÖ im Parlament beschlossen wird. Bei Spar heißt es dazu, dass man die Obstsackerln aus Plastik durch Beutel mit biobasierten Rohstoffen ersetzen wolle. Die neuen Bio-Beutel sollen kostenlos erhältlich sein. Ein Sprecher der Rewe-Gruppe (Billa, Merkur, Penny, Adeg) sprach sich im „Presse“-Gespräch für eine Branchenlösung aus, wonach Knotenbeutel aus alternativen Stoffen (zum Beispiel Bio-Kunststoff) kostenpflichtig abgegeben werden sollen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2019)