CO2-Zertifikate via Blockchain?

Muenzen der Kryptowaehrungen Bitcoin Ethereum Litecoin und ripple liegen auf einem Tisch Berlin
Muenzen der Kryptowaehrungen Bitcoin Ethereum Litecoin und ripple liegen auf einem Tisch Berlin(c) imago/photothek (Thomas Trutschel/photothek.net)
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Transaktionen. Auch wenn die Kryptowährungs-Euphorie abgeebbt ist, am Potenzial der zugrunde liegenden Blockchain-Technologie bestehen unter Experten kaum Zweifel.

Blockchain, jene Technologie, die bei Kryptowährungen wie Bitcoin zum Einsatz kommt, erlaubt sichere, nachvollziehbare Transaktionen ohne zentrale Aufsicht. Laut einer Studie von Capgemini ist auch der Handel mit CO2-Zertifikaten eine aussichtsreiche Anwendung. Letzterer wurde bekanntlich eingeführt, um den Emissionszielen des Kyoto-Protokolls nachzukommen. „Über die Blockchain könnte der Handel mit CO2-Zertifikaten sicher, in Echtzeit und ohne Börse von Verbraucher zu Verbraucher abgewickelt werden“, sagt Harald Proidl, Leiter Ökoenergie und Energieeffizienz bei der E-Control. Erste Anstrengungen gibt es bereits. IBM und das Start-up Veridium etwa entwickeln Handelsplattformen, mit denen CO2-Zertifikate über die Stellar-Blockchain gehandelt werden können. Der Start soll noch heuer erfolgen. Die Blockchain-Technologie biete die perfekte Basis für einen transparenten und liquiden Marktplatz, so Veridium-Geschäftsführer Jim Procanik im MIT-„Technology Review“.
„Die Blockchain bietet sich überall an, wo es keine zentrale Stelle gibt, aber Sicherheit, Qualität und Transparenz wichtig sind“, erklärt Torben Schuster, Leiter Energiehandel bei Capgemini Invent. Auch im Handel mit CO2-Zertifikaten würde die Technologie zweifellos funktionieren. Die konkrete Ausgestaltung sei aber noch unklar. Die Frage, die sich für den Experten stellt, ist, wieso bei einer Nutzung der Blockchain die politische Akzeptanz für die Vorgaben des Kyoto-Protokolls plötzlich gegeben sein sollte. Bislang sei das bekanntlich nicht der Fall.
„Bei einer Implementierung müsste der Prozess End-to-End gedacht werden, was bedeutet, dass CO2-reduzierende Maßnahmen in Entwicklungsgebieten vergütet und von Industrieunternehmen in Anspruch genommen werden könnten“, sagt Schuster. Die Frage sei, wer die Transaktion anstößt und in welchen Zeitabständen kontrolliert wird, ob die Reduktion eingehalten wird. Welche Blockchain-Technologie sich durchsetzt, werde sich erst herausstellen. Bisherige Anwendungsfälle hätten gezeigt, dass die Nutzung nur im kleinen Rahmen funktioniert.
Beispiele für Blockchain in der Energiewirtschaft wären für Proidl der Handel von Strom und von Herkunftsnachweisen. „Beides könnte direkt von Kunde zu Kunde gehandelt werden.“ Die Blockchain liefere eine betrugssichere Echtzeitabwicklung. Die gesetzlichen Grundlagen und das Strommarktmodell würden dies aber nur eingeschränkt zulassen. „Marktakteure wie Stromlieferanten, -händler, Bilanzgruppe oder Netzbetreiber können damit nicht umgangen werden.“

Erste Projekte gestartet

Beispiele für Unternehmen aus dem Energiesektor, die das Potenzial der Blockchain ausloten, gibt es einige. So hat etwa der Batteriehersteller Sonnen im Herbst ein Pilotprojekt mit dem Netzbetreiber Tennet gestartet, das vernetzte Heimspeicher und die Blockchain-Technologie zur Stabilisierung des Stromnetzes nutzt. Zudem hat sich das Unternehmen im Frühjahr am EU-Projekt Nemogrid beteiligt, das die wirtschaftlichen und technischen Auswirkungen des Stromhandels zwischen privaten Haushalten in einer Region untersucht. Laut Jean-Baptiste Cornefert, Geschäftsführer Sonnen eServices, stabilisiert dieser Handel im Idealfall gleichzeitig die lokalen Netze, sodass teure Netzeingriffe vermieden werden. Die Blockchain sei die richtige dezentrale Technologie, um so ein sich selbst ausgleichendes System in Echtzeit zu steuern. Mit der Flex-Plattform hat Sonnen einen Ansatz vorgestellt, bei dem regionaler Ökostrom in vernetzten Haushalten gespeichert wird. Der Herkunftsnachweis erfolgt per Blockchain.
Aber auch große Unternehmen setzen auf die Technologie. So hat Wien Energie im Vorjahr den weltweit ersten Gashandel mit Blockchain – konkret über die Plattform Enerchain – durchgeführt. Derzeit testet der Versorger im Wiener Viertel Zwei, wie die unternehmenseigene Hardware – Solarkraftwerke, Batteriespeicher, E-Ladestation – blockchainfähig gemacht werden kann. Unmittelbar vor dem Start steht das Blockchain-Projekt Enerchain, für den dezentralen Handel von Strom und Gas, an dem neben Wien Energie, OMV und Verbund insgesamt 45 Unternehmen beteiligt sind. (PB)

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