Hoffnungsschimmer für Krisenländer

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Durch sinkende Lohnstückkosten und damit steigender Wettbewerbsfähigkeit bekommen Eurokrisenländer wie Griechenland, Spanien oder Portugal erstmals wieder Auftrieb, prognostizieren deutsche Experten.

Wien/Berlin. Es ist ein erstes zartes Licht am Ende des Tunnels: Laut einer Sonderauswertung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zum Weltkonjunkturbericht 2012 gibt es erstmals eine gute Chance, dass sich die Wirtschaft der Eurokrisenländer erholt. „Fast flächendeckend weisen die Staaten ein merkliches Exportwachstum auf, die Defizite in den Handelsbilanzen gehen deutlich zurück“,  heißt es in der Studie. „Insgesamt mehren sich die Anzeichen dafür, dass sich der Abwärtstrend in Europa allmählich umkehrt.“

„Da ist etwas in Gang gekommen“, freut sich DIHK-Außenhandelsexperte Ilja Nothnagel im Gespräch mit der „Presse“. Die Reformen zeigten eine erste positive Wirkung. Denn die Lohnstückkosten sinken. Länder wie Griechenland, Spanien, Irland und Portugal steigern wieder ihre Wettbewerbsfähigkeit. „Gleichzeitig profitieren diese Länder vom derzeitigen Eurowechselkurs.“ Wegen des schwächeren Euro können sie laut Nothnagel nun leichter ihre Waren in Länder außerhalb der Eurozone exportieren.

Die jüngsten Exportdaten von Eurostat sind tatsächlich beeindruckend. Griechenland konnte seine Exporte in den ersten fünf Monaten des Jahres (im Vergleich zu Jänner bis Mai 2011) um 17 Prozent erhöhen. Portugal um neun Prozent. Laut DIHK-Experte Nothnagel werde zwar die Inlandsnachfrage in diesen Ländern weiterhin durch erhöhte Verbrauchersteuern und sinkende Löhne gebremst, für den Export gelten diese Nachteile aber nicht.

Nach der Euro-Einführung sind die Löhne in den südeuropäischen Ländern überproportional gestiegen. Dies entstand durch eine fortgesetzte Tradition von Lohnerhöhungen, die sich bis dahin an hohen Inflationsraten orientiert hatten. Nun war die Währung zwar stabil, die Löhne stiegen jedoch weiter. „Sie stiegen deutlich rascher als die Produktivität“, kritisiert Nothnagel.
Jetzt brachte die Krise aber Lohnkürzungen und Reformen in Wirtschaft und Verwaltung. Laut Daten von Eurostat hat Spanien seine Lohnstückkosten mittlerweile auf das Niveau von 2007 zurückgefahren, Irland sogar auf den Wert von 2005. Die Länder kompensieren mit sinkenden Löhnen die im Euro nicht mehr mögliche Abwertung der eigenen Währung. Im Bericht heißt es: „Gerade Irland macht vor, wie schnell eine Wirtschaft trotz nach wie vor großer Belastungen im Bankensektor wieder in die Wachstumsspur zurückfinden kann.“



Eine Erfolgsgeschichte kann auch Portugal vorweisen: Dem Land ist es mitten in der Krise gelungen, neue Märkte zu erschließen. Allein im vergangenen Jahr wuchsen die Exporte nach Brasilien um 33 Prozent. Neben Wein und Baumaterial führt das Land nun vermehrt auch Maschinen nach Südamerika und Südwestafrika aus.

Nun kommt durch die sinkende Inlandsnachfrage auch langsam wieder die Handelsbilanz der Krisenländer ins Lot. Griechenland konnte sein Handelsbilanzsaldo von minus 10,4 Milliarden in den ersten fünf Monaten 2011 auf minus 6,9 Milliarden Euro im Vergleichszeitraum 2012 reduzieren, Italien sogar von 18,2 Milliarden auf nur noch 2,6 Milliarden. Für die Bevölkerung bedeutet das freilich schmerzliche Einschnitte.

Impuls für gesamte Eurozone

Die exportgestützte Erholung der Eurokrisenländer könnte laut DIHK 2013 dazu beitragen, dass sich die Wirtschaftsleistung in der gesamten Eurozone wiederbelebt. „Gerade die in der Eurozone angeschobenen Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit tragen erste Früchte.“ Zwar haben exportorientierte Länder wie Deutschland und Österreich in den Krisenländern Absatzeinbrüche hinnehmen müssen, mittlerweile konnten sie diese aber auf dem Weltmarkt wieder kompensieren. Auch hier wirkt sich der schwächere Euro positiv aus, weil Waren aus Europa für Abnehmer in Asien oder den USA günstiger geworden sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2012)

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