Finanzspritze: Nun geraten Volksbanken unter Druck

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Im Zuge der Rettungsaktion für die Kommunalkredit bereiten die Volksbanken eine größere Kapitalerhöhung vor. Dazu wird die Inanspruchnahme des staatlichen Bankenhilfspakets geprüft.

Wien. Die Verstaatlichung der schwer angeschlagenen Kommunalkredit wird in die österreichische Wirtschaftsgeschichte eingehen. Zum ersten Mal seit dem Verkauf der Creditanstalt an die Bank Austria besitzt der Staat wieder eine Großbank. Zum symbolischen Preis von zwei Euro bekommt der Bund 99,78 Prozent der Kommunalkredit-Aktien übertragen. Der Gemeindebund bleibt bis auf Weiteres mit 0,22 Prozent beteiligt. Wie dramatisch die Situation ist, zeigt sich daran, dass sich der Staat verpflichtet hat, der Kommunalkredit mit einer kräftigen Finanzspritze unter die Arme zu greifen. Dem Vernehmen nach geht es um einen dreistelligen Millionenbetrag.

Auch die Alteigentümer, die Volksbanken und die französisch-belgische Dexia-Bank, müssen mit 378 Mio. Euro das Kapital der Kommunalkredit stärken. Davon entfallen 173 Mio. Euro auf die Volksbanken. Die Kommunalkredit ist mit einer Bilanzsumme von 35 Mrd. Euro die Nummer sieben am heimischen Bankenmarkt. Sie ist auf Finanzgeschäfte mit der öffentlichen Hand spezialisiert. Zu ihren Kunden gehören 60 Prozent der Gemeinden sowie fast alle Bundesländer. Im Zuge der Rettungsaktion gerät nun die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG), das Spitzeninstitut der Volksbanken, unter Druck. Denn das Herauslösen der Kommunalkredit reißt ein Loch in die ÖVAG-Bilanz.

Finanzkreisen zufolge hatten die Volksbanken den 51-Prozent-Anteil an der Kommunalkredit mit 400 Mio. Euro in der Bilanz. Nun muss der Betrag abgeschrieben werden. Seitens der ÖVAG wird dies weder bestätigt noch dementiert. Um das Problem zu lösen, kündigte das Institut eine Kapitalerhöhung an. Ziel sei es, die Kernkapitalquote von derzeit 7,55 Prozent auf neun Prozent anzuheben. Dazu sind zunächst über 600 Mio. Euro notwendig. Es könnte aber auch mehr werden, ist zu hören. Insider sind davon überzeugt, dass daher auch die ÖVAG das Hilfspaket der Regierung in Anspruch nehmen wird.

Rettung erfolgte in letzter Minute

Kommunalkredit-Chef Reinhart Platzer muss auf Druck des Staates seinen Hut nehmen. Er hat sich erst Ende September vom Aufsichtsrat seinen Vertrag bis 2014 verlängern lassen. Auch ÖVAG-Chef Pinkl, der als Aufsichtsratspräsident die Geschäfte der Gemeindebank kontrolliert hat, steht schwer unter Beschuss.

Pinkl hatte vor drei Jahren für 780 Mio. Euro die Investkredit samt der Kommunalkredit übernommen. Während die Investkredit in den ÖVAG-Konzern integriert wurde, blieb die Kommunalkredit eigenständig. Noch Anfang Oktober ließ das Institut zu ihrem 50-jährige Bestehen eine große Party steigen. Damals wurde versichert, dass alles in Ordnung sei.

Nun stellt sich heraus, dass die Verstaatlichung praktisch in letzter Minute erfolgt ist. Am Montag soll ein Finanzierungsgeschäft von etwa einer Mrd. Euro fällig gewesen sein. Bis 2009 sind zudem Projekte mit einem Volumen von zehn Mrd. Euro zu refinanzieren, heißt es.

Geheime Vereinbarungen

Die Rettungsaktion sorgt für Kritik. Denn der Staat übernimmt auch die umstrittenen Zypern-Geschäfte der Kommunalkredit. Zuletzt erwirtschaftete die Bank auf der Mittelmeerinsel, die als Steueroase gilt, ein Geschäftsvolumen von mehr als zehn Milliarden Euro – dies entspricht rund einem Drittel der gesamten Bilanzsumme.

Auch in Island hat sich das Institut kräftig verspekuliert. Die Opposition vermutet, dass der Steuerzahler für Teile dieses Risikos aufkommen muss und verlangt umgehend Aufklärung. „Wir fordern, dass das Island-Engagement und die Zypern-Geschäfte genau hinterfragt werden“, sagt der Wirtschaftssprecher der Grünen, Werner Kogler. Das Finanzministerium weist die Kritik zurück. „Die Alteigentümer der Kommunalkredit mussten Haftungserklärungen für eventuell noch nicht bekannte Risken abgeben“, erklärt ein Sprecher des Ministeriums. Über die Details wurde Stillschweigen vereinbart. Die Grünen kritisieren die Geheimnistuerei.

Die Kommunalkredit wird sich im Zuge des Umbaus komplett aus Osteuropa verabschieden. Die Dexia bekommt das gesamte Ostgeschäft – zum Preis von einem Euro.

AUF EINEN BLICK

Die Kommunalkredit ist mit einer Bilanzsumme von 35 Mrd. Euro die Nummer sieben auf dem österreichischen Bankenmarkt. Sie vergibt Kredite an Gemeinden. Im Zuge der jetzigen Krise geriet das Institut schwer unter Druck. Denn die Refinanzierungskosten schossen dramatisch in die Höhe.

Größter Eigentümer ist bislang die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG), die alle Anteile an den Staat abgibt. Die ÖVAG braucht jetzt selbst Kapital.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2008)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.