Osram-Chef unter Druck: "Sind Sie noch Herr der Dinge?"

Dr Olaf Berlien Vorstandsvorsitzender Chairman of the Managing Board CEO Einzelbild angeschnitt
Dr Olaf Berlien Vorstandsvorsitzender Chairman of the Managing Board CEO Einzelbild angeschnittimago/Sven Simon
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Das Geschäft beim Lichtkonzern läuft nicht rund. Das Umfeld ist Unsicherheit erfasst. Die Anlegervertreter halten mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg.

Verunsicherung prägt derzeit die Stimmung beim Lichtkonzern Osram: bei den Mitarbeitern, weil am Standort Regensburg Hunderte gehen müssen; im Vorstand, der das Unternehmen aufgrund der unsicheren konjunkturellen Lage auf Sicht lenken muss; und bei den Aktionären, die auf der Hauptversammlung vergeblich versuchten, mehr Details zu den Übernahmeplänen durch zwei Finanzinvestoren zu erfahren.

"Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns heute nicht eingehender zu den laufenden Gesprächen äußern können", dämpfte Konzernchef Olaf Berlien schon zu Beginn der Veranstaltung am Dienstag die Erwartungen.

Die Kritik fiel auch angesichts roter Zahlen zum Geschäftsjahresauftakt entsprechend deftig aus - vor allem für Berlien: "Sind Sie noch Herr der Dinge, oder werden Sie getrieben?", fragte etwa Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Aktionärsvertreter Hendrik Schmidt vom Vermögensverwalter DWS kündigte an, dem Vorstandsvorsitzenden sowie Aufsichtsratschef Peter Bauer die Entlastung zu versagen.

Vorstände und Aufsichtsräte einzeln entlastet

Sowohl Vorstands- als auch Aufsichtsratsmitglieder wurden am Dienstag einzeln und nicht wie sonst üblich gemeinschaftlich entlastet. Berlien erhielt dabei mit lediglich rund 74 Prozent Zustimmung der anwesenden Aktionäre einen Dämpfer. Das Ergebnis war mit Spannung erwartet worden, gilt es doch als Indikator, wie zufrieden die Aktionäre mit dem Konzernchef sind. Aufsichtsratschef Bauer wurde mit rund 92 Prozent, Finanzvorstand Ingo Bank mit mehr als 99 Prozent der Stimmen entlastet. Die Ergebnisse haben allerdings keine direkten Konsequenzen für die Manager.

Bauer betonte hingegen die Rückendeckung seines Gremiums für Berlien: "Osram hat die finanzielle, operative und innovative Kraft, um die notwendige weitere Transformation für künftiges Wachstum erfolgreich voranzutreiben", sagte er in seiner Rede auf der Hauptversammlung. "Der Vorstand und die Mitarbeiter können sich auf diesem Wege auf die Unterstützung des Aufsichtsrats verlassen."

Berlien selbst gab sich demütig. "Auch ich bin mit dem Geschäftsjahr 2018 und dem Aktienkurs nicht zufrieden", sagte er in seiner Rede - und räumte Fehler ein. Zu optimistisch seien die eigenen Planungen gewesen. "Und das schmerzt mich persönlich."

Gespräche über Komplettübernahme

Vor allem die Absatzschwäche bei den wichtigsten Abnehmern der eigenen Produkte - der Automobil- und der Smartphoneindustrie - macht dem Zulieferer derzeit zu schaffen. Vorstandschef Berlien will daher umsteuern. Eine neue Konzernstruktur mit Ausrichtung auf Photonik, Stellenabbau, mehr Unabhängigkeit von der konjunkturanfälligen Autoindustrie sowie ein potenzieller neuer Großaktionär sollen den Konzern wieder in die Spur bringen.

Vor wenigen Tagen bestätigten die Münchner "vertiefte Gespräche" mit den Beteiligungsfirmen Bain Capital und Carlyle Group, die "einen gemeinsamen Erwerb von bis zu 100 Prozent" der Osram-Aktien erwägten. "Es ist derzeit noch nicht abzusehen, ob es eine Investition von Bain und Carlyle geben wird", sagte Olaf Berlien am Dienstag erneut. Auch ein Scheitern der Gespräche sei weiterhin möglich. Ein konkretes Angebot liege noch nicht vor. Ein neuer Ankeraktionär soll das Unternehmen stabilisieren.

Als weitere Maßnahme will Osram am Standort Regensburg Hunderte Stellen streichen. Damit macht das Unternehmen einen Großteil der Ausbaumaßnahmen der vergangenen Jahre wieder rückgängig. Auch das sorgte für Kritik bei den Aktionären: "Wie können Sie sicherstellen, dass wir dabei nicht unsere Zukunft auf die Straße setzen?", fragte Daniel Bauer von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

(APA/dpa)

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