US-Niedrigzinspolitik: "Schlechte Ideen sterben langsam"

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US-Niedrigzinspolitik: "Schlechte Ideen sterben langsam"(c) EPA (Alessandro Della Bella)
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Nach der erfolglosen Senkung der Zinsen für kurzfristige Anleihen werde diese nun bei längerfristigen Zinsen versucht, kritisiert US-Ökonom Joseph Stiglitz. Die Erfolgschancen lägen in etwa bei null.

US-Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz übt Kritik an der Geldpolitik der US-Notenbank Fed. "Nachdem sie erst eine zentrale Rolle dabei gespielt hat, das aktuelle Chaos anzurichten, versucht sie jetzt, ihr Ansehen wiederherzustellen", sagt Stiglitz in einem "Financial Times Deutschland"-Kommentar.

Konkret kritisiert Stiglitz, dass die US-Notenbank weiterhin an dem Prinzip festhalte, wonach Zentralbanken, um die Konjunktur am Laufen zu halten, bloß die Zinsen senken müssen.

"Erfolgschancen liegen in etwa bei null"

"Die Standardmodelle haben die Krise nicht kommen sehen, aber schlechte Ideen sterben langsam", schließt der Ökonom. "Nachdem also die Senkung der Zinsen für kurzfristige Schatzanleihen auf null nahezu erfolglos war, soll jetzt die Senkung der längerfristigen Zinsen die Wirtschaft in Gang bringen". Die Erfolgschancen schätzt Stiglitz allerdings auf in etwa null ein. Vielmehr glaubt er, dass die "quantitative Lockerung die Steuerzahler einen Haufen Geld kosten und zugleich die Effektivität der Fed auf Jahre hinaus beschädigen wird".

Erst Anfang Oktober hatte Stiglitz davor gewarnt, dass die Fed und die Europäische Zentralbank EZB mit ihrer extrem lockeren Geldpolitik die globalen Devisenmärkte destabilisieren würden (siehe "Stiglitz: Fed und EZB stürzen Welt ins Chaos"). "Die Ironie ist, dass die Fed für all diese Liquidität in der Hoffnung sorgt, dass sie die US-Wirtschaft beleben wird", sagte er damals. Doch sie tue nichts dergleichen, sondern sorge für Chaos im Rest der Welt. "Es ist eine sehr seltsame Politik, die sie verfolgen", fügte Stiglitz hinzu.

Bernanke dürfte Notenpresse erneut anwerfen

Am Freitag stellte US-Notenbankchef Ben Bernanke in Aussicht, der lahmen US-Konjunktur mit weiteren Geldspritzen auf die Beine helfen (siehe "Bernanke wirft die Notenpresse an"). Die hohe Arbeitslosigkeit und die Gefahr einer Deflation sprächen für eine weitere Lockerung der Geldpolitik, sagte Bernanke. Gleichzeitig linderten gemischte Konjunkturdaten die Ängste vor einem Rückfall der US-Wirtschaft in eine Rezession nur geringfügig.

Mit seinen Äußerungen signalisierte Bernanke, dass die Federal Reserve bereits bei ihrem nächsten Treffen Anfang November beschließen dürfte, erneut die Notenpresse anzuwerfen, indem sie Staatsanleihen kauft und so Milliarden von Dollar in den Wirtschaftskreislauf leitet. Wie aggressiv die Notenbank dabei vorgehen will, blieb jedoch unklar - Details zum genauen Zeitpunkt und dem Umfang eines solchen Programms blieb Bernanke schuldig. Die US-Notenbank müsse die Kosten und Nutzen noch abwägen, sagte Bernanke lediglich.

Schreckgespenst Deflation

Nach Angaben von Charles Evans, dem Chef der Federal Reserve Bank von Chicago, sollen die weiteren Maßnahmen zur Konjunkturbelebung beitragen. "In den vergangenen Monaten haben wir auf unsere Prognose zur Entwicklung der Arbeitslosenzahlen gestarrt und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Zahl nicht annähernd so schnell sinkt wie sie sollte", sagte Evans laut "Frankfurter Allgemeiner Zeitung" vor zwei Wochen.

Der Zeitung zufolge treibe die Notenbank dabei vor allem die Angst vor einer lang andauernden Deflation an: "Die Fed spielt kurzum auf Zeit. Denn alleine kann sie die Krise nicht bewältigen. Preisniveauveränderungen werden nicht allein von der Geldmenge bestimmt, sondern letztlich von der Nachfrage. Bleibt diese schwach und die Preise sinken weiter, kann die Notenbank den Leitzins noch so tief senken, die Realzinsen bleiben hoch und schon steckt die Wirtschaft in der Deflationsspirale".

Privatsektor will für Hypotheken nicht zahlen

Stiglitz jedenfalls hält die lockere Geldpolitik für gefährlich. "Die Fed hat Hypotheken im Wert von mehr als einer Billion Dollar aufgekauft, deren Wert fallen wird, wenn sich die Konjunktur wieder erholt - was genau der Grund ist, warum sie im Privatsektor niemand kaufen will", meint der Ökonom im "Financial Times Deutschland"-Kommentar.

Übrigens hält auch der Ökonom Nouriel Roubini eine neue Runde der monetären Lockerung laut "Neuer Zürcher Zeitung" für einen Fehler. Sie behindere den notwendigen Prozess des Abbaus der Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft.

(Red.)

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