Nächste Krise: US-Kommunalanleihen auf Talfahrt

Kalifornien begibt Anleihen
Kalifornien begibt Anleihen(c) AP (Damian Dovarganes)
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In den USA zweifeln immer mehr Anleger an der Zahlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden.

Analysten warnen vor dem nächsten Brandherd in der Finanzbranche: Während sich derzeit alle um den Schuldenberg Irlands oder Griechenlands Sorgen machen, könnte in den USA eine Schuldenkrise ganz anderen Ausmaßes auf die Anleger zurollen. "Städte und Kommunen der USA stehen vor schweren Zeiten", warnte Analyst Eugen Keller vom Bankhaus Metzler in Frankfurt.

Die Kurse der Kommunalanleihen in den USA gerieten am Dienstag so stark wie noch nie in diesem Jahr unter Druck. Den zweiten Tag in Folge stiegen die Renditen einiger Papiere in der Spitze um fast 20 Basispunkte. Metzler warnte, dass für die derzeit mit dem Schuldendrama in Irland beschäftigten Finanzmärkte schon das "nächste brisante Problem vor der Tür" steht. Die Analysten sprachen von einem Preisverfall sondergleichen: "Immer mehr Anleger zweifeln an der Zahlungsfähigkeit amerikanischer Städte und Gemeinden".

"Perfekter Sturm"

Laut "Municipal Market Data" stieg die Rendite der richtungweisenden zehnjährigen "Muni"-Anleihe um 18 Basispunkte auf 2,93 Prozent. Die 30-jährigen Anleihen rentierten mit 4,42 Prozent elf Basispunkte höher. Seit dem 5. November haben die Renditen dieser Papiere insgesamt fast 50 Basispunkte zugelegt - mehr als im März und September, als sich die Lage an den Märkten schon einmal zugespitzt hatte.

Eine schnelle Trendwende ist nicht in Sicht: Eine Umfrage von MMD ergab, dass die Pessimisten unter den Händlern und Portfolio-Managern weiter Zulauf haben. Einige Experten vermuten, dass weitere Verluste nötig sind, damit die Renditen wieder attraktiver für die Anleger werden. "Das ist ein perfekter Sturm", erklärte MMD-Analyst Domenic Vonella.

Neuemissionen verschoben

Wegen der Talfahrt der Kurse verschoben einige Gemeinden geplante Neuemissionen. Insgesamt kommen etwa 1,7 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) oder zwölf Prozent der für die Woche geplanten Anleihen weniger auf den Markt.

Der bevölkerungsreichste Bundesstaat Kalifornien, der seit langem mit Haushaltsproblemen zu kämpfen hat, trotzte aber dem Trend und begab kurzlaufende Papiere im Volumen von 10 Milliarden Dollar. Die Schuldtitel mit Laufzeiten bis Mai beziehungsweise Juni nächsten Jahres fanden vor allem bei Privatanlegern Anklang, die nach Angaben des kalifornischen Finanzministeriums Titel für knapp 5,6 Milliarden Dollar zeichneten. Die Rendite lag bei 1,0 bis 1,5 Prozent. Die Kreditausfallversicherungen für kalifornische Schuldpapiere (CDS) im Volumen von 10 Millionen Dollar für eine Laufzeit von fünf Jahren betrug 268.000 Dollar jährlich - also in etwa so viel wie für spanische Anleihen.

Bisher gelten die steuerfreien Kommunalanleihen in den USA als sichere und stabile Anlage, die vor allem von reichen Pensionisten bevorzugt wird. Laut Bankhaus Metzler gibt es nun aber eine steuerliche Neuregelung, die den Emittenten erlaubt, diese Steuervorteile einzubehalten und in Form höherer Kupons weiterzugeben. "Dadurch sollen 'Munis' auch auf dem internationalen Markt interessanter werden", schreiben die Analysten. Laut Metzler beläuft sich das Volumen des Marktsegmentes auf rund 2,7 Bill. Dollar und ist damit in etwa auf dem Niveau verbriefter Immobilienkredite vor der Krise. "Vorsicht ist Trumpf", warnten die Experten.

(APA)

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