Berufe für die Zukunft

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Künstliche Intelligenz, Industrie 4.0, Digitale Revolutin: Wir befinden uns in einer großartigen Zeit der Veränderung mit neuen Arbeitsmarktchancen. Ein Gastkommentar von Christoph Zulehner.

Jahrzehntelang hatten Arbeitnehmer mit Erfahrung die Nase vorne. Arbeitnehmer, die schon viel gesehen hatten und deshalb Kunden gleichermaßen wie Arbeitgebern Umwege und Unbill ersparten. Da scheint sich eine eindrucksvolle Veränderung abzuzeichnen.

Was, wenn es da plötzlich jemanden gibt, der noch viel mehr gesehen hat? Jemanden, der nicht auf hunderte Erfahrungsbeispiele verweisen kann, sondern auf tausende? Möglicherweise auf zehntausende oder sogar Millionen? Jemanden, der mit seiner enormen Lernkurve alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt? Jemanden, der sich mit geringem Anspruch, ohne Krankenstandsrisiko und gewerkschaftlicher Organisation um Arbeit kümmert, die bisher von den unverzichtbar Erfahrenen bewerkstelligt wurde? Was, wenn dieser Jemand sieben Tage die Woche, 24 Stunden ohne Unterlass seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt?

Dann haben wir zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Die eine Reaktion findet gerade ihren unsäglichen Weg durch die Medien und sorgt für jene Verunsicherung, die uns auch in der Vergangenheit nicht weiter gebracht hat. Für die andere Reaktion ist es höchst an der Zeit: Die nüchterne, sachliche Betrachtung der Fakten und das Ableiten logischer Konsequenzen. Das Erblicken von erstaunlichen Chancen und das Schüren jener Zuversicht, die es braucht, um weiterzukommen. Deshalb sollten wir unsere Blicke auf die richtigen Dinge lenken. Dann tun sich nämlich ungeahnte Möglichkeiten auf.

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Gewusst haben wir es eh schon immer
Künstliche Intelligenz heißt es, das Gespenst der Entwicklung, das unter Begriffen wie „Industrie 4.0“, „Internet der Dinge“ oder „Digitale Revolution“ sein Unwesen treibt und dabei auch bei Dienstleistern mehr und mehr für schlaflose Nächte sorgt. Auch schrecken Wirtschaftswissenschaftler nicht davor zurück, den Schumpeter’schen Begriff der Schöpferischen Zerstörung zu strapazieren. Wenn wir schon nicht wissen, wie mit den rasanten Entwicklungen umzugehen ist, dann wollen wir wenigsten einen österreichischen Nobelpreisträger zitieren. Frei nach dem Motto: Gewusst haben wir es eh schon immer!

Selbst Experten wissen nicht im Detail, welche Veränderungen diese Entwicklungen für den Arbeitsmarkt bringen werden. In den vergangenen Jahren waren es allem voran Routinetätigkeiten, die durch Automatisation und Digitalisierung ersetzt wurden. Mehr und mehr dringt die Maschine weiter vor und übernimmt immer öfter auch anspruchsvollere Aufgaben. In der Produktion gleichermaßen wie in der Dienstleistung. Das heißt aber noch lange nicht, dass dies nur im Wegrationalisieren von Arbeitsplätzen mündet. Ganz im Gegenteil! Es gibt ausreichend Gründe für Zuversicht:

Ein analytischer Blick auf den Computer
Werfen wir einen analytischen Blick auf unseren Freund, den Blechtrottel. Was leistet er wirklich und wo können wir getrost auf seine Grenzen verweisen? Der unschlagbare Bereich der künstlichen Intelligenz ist die „Klassifizierung von Information bei großen Datenmengen“.  Egal ob es sich dabei um Bild, Text oder Ton handelt. Unsentimental haben wir zur Kenntnis zu nehmen, dass hier das Elektronengehirn einfach besser ist als unser biologischer Computer. Dabei ist die Art, wie der Rechner lernt, durchaus jener eines Kleinkindes gleichzusetzen. „Deep Learning“ ist nichts anderes als das Sammeln von Erfahrung. Wenn wir beginnen, unseren Kindern beizubringen was ein Hund ist, dann kommen wir als Eltern kaum auf die Idee, von einem kleinen bis mittelgroßen Säugetier zu reden, welches wegen seiner Wachsamkeit und Anhänglichkeit gerne als Haustier gehalten wird, einen ausgebildeten Gehör- und Geruchssinn hat und sich durch Bellen und Beißen zur Wehr setzen kann. Vielmehr werden wir dem Kind unentwegt Bilder von Hunden zeigen oder wenn es einem Hund begegnet, darauf verweisen, dass es sich dabei um genau jenes Tier handelt. Der große Unterschied zum Computer besteht einzig darin, dass der Rechner den Lernprozess in einer Affengeschwindigkeit bewältigt. Ach ja, Hunde können bisweilen auch schneller laufen als Menschen.

Unser neues Haustier, der Roboter
Deshalb werden wir bei jenen Tätigkeiten, bei denen es um ultraschnelles Erfassen, Ordnen, Sortieren, Zuordnen und das Treffen von Entscheidungen geht, schon bald unserem neuen Haustier, dem Roboter, das Feld überlassen. Das gilt für das Autonome Fahren gleichermaßen wie bei der Diagnose von Hautkrebs.

Das Schöne an der Sache ist, dass es einen Bereich gibt, bei dem wir Menschen auch in Zukunft unersetzlich sind. Die Digitalisierung wird viele Aufgaben verändern. Im Sog dieser Entwicklung entstehen aber auch unaufhörlich neue Berufe. Dabei sollten wir eines nicht übersehen: Wirklich neue Berufe erwerben wir nicht in Ausbildungen oder an Hochschulen. Erst recht nicht in der Pionierphase. Da heißt es in Vorleistung zu gehen.

Denken Sie nur zwei, drei Dekaden zurück. Die ersten EDV-Spezialisten – ja, damals hießen sie weder IT- noch IKT-Experten – haben sich ohne Informatikstudium an die Sache rangemacht. Es waren durchwegs enthusiasmierte, von der neuen Sache begeisterte Freaks. Und sie waren erfolgreich. Zeiten des Umbruchs bieten solche Chancen. Und wir befinden uns in einer großartigen Zeit der Veränderung.

Neue Berufe, großartige Chancen
Bestimmt geht es Ihnen so wie mir und sie haben von den folgenden Berufen noch kaum etwas gehört: Deep Learning Expert, Augmented-Reality-Journey-Builder, Animatroniker, Persönlicher Gedächtniskurator, Brain-Computer-Interface Designer, Robot Companion Technician, Fitness-Commitment-Counselor, Body Contouring Expert, Hospital Play Specialist, Traffic Manager, Cyber-Stadtplaner, Gamification Specialist oder End-of-Life Therapist. Das sind keine Erfindungen, das sind großartige Chancen.

Was all diese Berufe – sofern es überhaupt schon Berufe sind – auszeichnet ist, dass sie Skills brauchen, die kein Computer mitbringen kann: Kreativität und Erfindungskraft, Empathie und Einfühlungsvermögen, handwerkliches und kunsthandwerkliches Geschick, Verständnis und Zuwendung, Verhandlungsgeschick und Gesprächsführung.

Automatisation ist eine großartige Sache. Untersuchungen haben aber auch gezeigt, dass uns der Computer dort, wo er versucht allzu menschliche Züge anzunehmen, unheimlich wird. Computer und Roboter müssen in Aussehen und Verhalten als solche erkennbar sein und sich vom Menschen einfach unterscheiden lassen. Das verdanken wir unseren Spiegelneuronen.

Der Roboter wird viele Aufgaben übernehmen. Aber gerade deshalb entstehen auch neue Berufe und Arbeitsmarktchancen. Diese gilt es zu entdecken. Und wenn wir dabei Berufe aufspüren, die es noch gar nicht gibt, dann sind wir gut beraten sie zu erfinden.

CHRISTOPH ZULEHNER ist Speaker, Strategieexperte, Unternehmensberater und Faker.

Seit fast vierzig Jahren beschäftigt er sich mit wissensorientierten Organisationen und ihren Menschen. 2017 hat er das Buch "Make the Fake. Warum Erfolg die Täuschung braucht" (erschienen im Oriol Verlag) herausgebracht und ist mit den Themen "Make the Fake" und "Ko-Kompetenz - die Zukunft der Zusammenarbeit" erfolgreich als Keynote-Speaker tätig.

www.christophzulehner.com

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