Die Zukunft der Datenanalyse

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Gute Data Scientists sind teuer und ausgebucht. Es eröffnen sich aber andere Wege, um an eine profunde Datenanalyse zu kommen: Augmented Analytics beispielsweise.

Die Beziehung von Mensch und Daten ist nicht immer friktionsfrei. Dies liegt nicht alleine an datenschutzrechtlichen Bedenken. Auf Business-Ebene wächst mit der Überzeugung, dass Datenanalyse ein unverzichtbares Instrument darstellt, auch die Erkenntnis: Trotz modernster Tools fällt es schwer, aus den Analysen einen Nutzen zu ziehen, der sich als Return on Investment festmachen lässt. Der Prozess, der vom Ausgangsmaterial, den Rohdaten, zu gewinnbringenden Erkenntnissen führen soll, erweist sich als steinig. Daten müssen aus zahlreichen Quellen gesammelt und für die Analyse „bereinigt“ werden. Die Analyse selbst soll Erkenntnisse und Einsichten generieren, die es im Unternehmen an geeigneter Stelle zu kommunizieren gilt. Zu guter Letzt müssen sich aus den gezogenen Schlüssen auch konkrete Handlungen ableiten lassen. „Datenanalysen werden schnell komplex. Wenn es mehr sein soll als Korrelationsanalysen, braucht man Experten. Geht man aber zum Team der Data Scientists - sofern das im eigenen Unternehmen überhaupt existiert -, hört man: ,Sorry, unsere Pipeline ist bis Ende des Quartals zu.‘“, erzählt Julia Engelmann, Head of Data Analytics beim deutschen Digitalconsulter konversionskraft, aus der Alltagspraxis.

Gute Datenwissenschaftler sind ausgebucht, eine Verbesserung des Nachfrageüberschusses ist nicht in Sicht. Im Gegenteil. Das McKinsey Global Institute prognostiziert, dass alleine in den USA bis zum Jahr 2024 rund 250.000 Data Scientists fehlen werden, um den Anforderungen der digitalisierten Businesswelt gerecht zu werden. Ein Problem, wie Engelmann betont: „Ist keiner der Spezialisten in den Analyseprozess involviert, entstehen bei der Interpretation der Ergebnisse oft Missverständnisse und es werden schlichtweg falsche Entscheidungen getroffen, mit denen unter Umständen Millionen Euro verloren gehen.“ Die knappen Ressourcen führen außerdem zu einem Fokus auf das vermeintlich Wesentliche, was dem Bestätigungsfehler (Confirmation Bias) Tür und Tor öffnet. Gemeint ist damit die Neigung, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen und Hypothesen bestätigen.

Schlicht und einfach die Zukunft
Wenn Data Scientists rar oder für mittelständische Unternehmen zu teuer sind und man von Business People profunde Datenanalysen nicht erwarten darf, müssen andere Wege gefunden werden. Die aktuellen Speerspitzen der digitalen Analysesoftware wie Tableau, SAS oder Qlik würden in dieser Sackgasse nur bedingt helfen, meint mit Bill Su ein Mann, der sich anschickt, die Datenanalyse zu revolutionieren. „Diese technisch durchaus ausgereiften Tools fokussieren auf extrem flexible Interfaces, sie analysieren und kommunizieren die Resultate in anschaulichen Visualisierungen. Aber sie bringen keine handlungsrelevanten Ergebnisse. Und sie sind mit Sicherheit nicht in der Lage, Unternehmen von der Abhängigkeit von Data- oder Businessanalysten zu entlasten“, sagt der Gründer, CEO und Chief Data Scientist von Humanlytics mit Sitz in Pittsburgh, Pennsylvania. Su gilt als einer der wichtigsten Vertreter eines Konzeptes, von dem sich Experten wahre Wunder erwarten. Die Rede ist von Augmented Analytics - laut einem Report des IT Consultant Gartner („Top Trends for Emerging Technologies“, August 2017) schlicht und einfach „die Zukunft der Datenanalyse“.

Wenn Daten zu Geschichten werden
„Dank des Einsatzes von Maschinellem Lernen und Künstlicher Intelligenz soll Augmented Analyse-Software künftig die Daten eines Unternehmens automatisch durchgehen, bereinigen, analysieren und die Erkenntnisse in Handlungsempfehlungen für die Führungskräfte übersetzen. Techniker in Form von Data- oder Businessanalysten müssen diesen Prozess fortan nicht mehr begleiten“, prophezeit Bill Su. „Während konventionelle Analyse-Software zwar nutzerfreundliche, übersichtliche Grafiken produziert, daraus aber selbsttätig keine konkreten Schlüsse zieht, sind Augmented Analytics Engines wesentlich stärker darauf fokussiert, eine Wissensbasis zu schaffen, um Business Trends aufzuspüren. Angezeigt werden dazu nur jene relevanten Informationen, die das System zu seiner Conclusio gebracht hat“, skizziert Su die Unterschiede zum Status Quo der Analysewerkzeuge. Die neue Technologie agiere wie ein Berater mit magischen Kräften, beschreibt es der Humanlytics Gründer am Beispiel des Marketings: „Sie transkribiert Daten in einfach zu verstehenden Geschichten über die Konsumenten. Und sie entwirft in Echtzeit Aktionspläne, die dem Nutzer dabei helfen, für den Käufer seiner Produkte die bestmögliche Erfahrung zu schaffen.“

Laut Bill Su ist Augmented Analytics erst am Anfang seiner Entwicklung. Die bestehenden Algorithmen der führenden Systeme beschränken sich im Wesentlichen darauf, Daten vorzubereiten, zu bereinigen, zu sammeln und gewisse Korrelationen oder Anomalien aufzuzeigen. Data Scientists sind noch unersetzlich. In zwei bis drei Jahren werden viele Unternehmen das nächste Stadium erreicht haben. Algorithmen sind dann in der Lage, echte Signale aus den Datensätzen von Unternehmen zu filtern, und das mit hoher Validität. Auch zu diesem Zeitpunkt wird es jedoch Profis brauchen, die diese Erkenntnisse in konkrete Einsichten und Handlungen übersetzen.

Für den Menschen bleibt Wichtigeres
Eng wird es für die Datenwissenschaftler – zumindest in ihrer aktuellen Funktion - , wenn in fünf bis zehn Jahren das dritte Entwicklungsstadium greift. „Software kann dann Trends aus dem Datensatz mit dem Kontext des Unternehmens verknüpfen, und somit konkrete Handlungsvorschläge ausarbeiten. Und was noch wichtiger ist: Die Systeme werden künftig in der Lage sein, die ausgeführten Handlungen der Verantwortlichen zu tracken, um mit diesen neuen Informationen vorherzusagen, welche operativen Alternativen einen besseren Output liefern“, prognostiziert Su, der in seinem jüngsten Blog die Entwicklung der Datenanalyse-Technologie anschaulich mit jener der Automobiltechnik vergleicht. „Am Anfang gab es Tausende Teile, die man für die Funktionstüchtigkeit berücksichtigen musste. Und heute kann jeder Techniklaie ein Auto lenken. Die Technik dahinter wurde im Laufe der Zeit weg abstrahiert. Dem Autofahrer reicht es, die wesentlichen Bedienelemente wie Lenkrad und Gashebel verwenden zu können. In der Zukunft des autonomen Fahrens wird nicht einmal das mehr notwendig sein.“ Die Technologie erledigt den Job, für den sie geeignet ist. Der Mensch kann sich auf anderes, Wichtigeres konzentrieren

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