Buchungsplattformen: Wird immer der beste Preis angezeigt?

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Die erste digitale Welle im Tourismus machte Online-Reisevermittler zu Branchengiganten. Deren Gewinne und Wachstum sind beeindruckend. Aber profitieren auch der Kunde und die Hotellerie davon?

So ein Online-Hotelreservierungsportal – könnte man meinen - ist etwas Wunderbares. Der reisende Endverbraucher erlangt gemütlich von zu Hause aus mit wenigen Klicks eine Übersicht über die verfügbaren Zimmer, die Lage und die Bewertung von Hotels. Gebucht wird direkt und Stornos sind in der Regel bis zum letzten Moment möglich. Auch die Hotels profitieren, indem sie vor allem internationale Kunden bekommen, auf die sie anderweitig möglicherweise nie gestoßen wären. Die Betreiber der Vermittlungsportale wiederum freuen sich bei Buchung über die erhaltene Provision. Die ist nicht zu knapp (im deutschsprachigen Branchenschnitt rund um die 15 Prozent) und hält das simple Geschäftsmodell am Laufen.

Wie profitabel das sein kann, zeigt sich beispielhaft an einem der weltweiten Marktführer, dem US-amerikanischen Unternehmen Booking Holdings und seinem besten Zugpferd, der Website booking.com. 1,2 bis 1,5 Millionen Hotelbuchungen wurden im letzten Jahr über die Seite vorgenommen, täglich wohlgemerkt. 2017 lukrierte booking.com Erlöse in der Höhe von 12,7 Milliarden Dollar und einen Gewinn von 2,34 Milliarden Dollar. Die Steigerung der Buchungszahl von 2016 auf 2017 um 470.000 lässt darauf schließen, dass der Spielraum für dynamisches Wachstum noch längst nicht ausgeschöpft ist.

Daumen hoch, gegen Provision
Die erste große Digitalisierungswelle, die in den letzten 20 Jahren über die Reisebranche geschwappt ist, scheint wie eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten zu sein. Dass es hinter der heilen Zahlenfassade alles andere als friktionsfrei zugeht, zeigt sich bei einem differenzierteren Blick. Seitens der Kunden häufen sich seit Jahren Beschwerden und Zweifel an der Tauglichkeit der Informationen der Online-Portale. Stichwort Hotelbewertungen: Rund 90 Prozent der Kunden orientieren sich daran und verlieren dabei nicht selten die Orientierung. Zu unterschiedlich sind die Angaben, zu subjektiv die Urteile.

Kritisch zu hinterfragen ist etwa der Umstand, dass Bewertungen gekauft werden können. Einen „Empfehlungs-Daumen“ können sich Hotels selbst hinzubuchen, wovon auch eifrig Gebrauch gemacht wird. „Das macht gut die Hälfte aller Hotels in Deutschland, weil es ihnen hilft, die Zimmer zu verkaufen. Kostet aber drei Prozent mehr Provision“, weiß Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer vom Hotelverband Deutschland (IHA). Auch die teils fehlerhafte Vergleichbarkeit der Angebote unterschiedlicher Online-Portale lässt manch Endverbraucher stutzig zurück. Was auf einem Portal als Übernachtung mit Frühstück offeriert wird, bietet ein anderes Portal ohne an – bei gleichem Preis. Das passiert insbesondere dann, wenn sogenannte Meta-Suchmaschinen zu Rate gezogen werden, ein weiteres lukratives Geschäftsfeld der digitalisierten Branche.

Kritik an der Meta-Ebene
Im Gegensatz zu den Online-Reisebüros kann hier nicht gebucht werden. Maschinen wie Kayak, Trivago, Swoodoo oder Tripadvisor leiten Suchanfragen an andere Suchmaschinen weiter, sammeln die Ergebnisse und bereiten sie auf. Was nach einem perfekten Service für Kunden und Hoteliers klingt, hat seine Tücken. Wenn man weiß, dass beispielhaft Kayak (verwaltet werden hier auch Swoodoo oder Checkfelix, die insgesamt rund 200.000 Suchanfragen pro Minute bearbeiten) ein Tochterunternehmen von Booking Holdings ist oder Expedia mit dem Erwerb von Skyscanner große Beteiligungen an Trivago und dem chinesischen Bigplayer Ctrip übernommen hat, dürfen am rein objektiven Kundenservice Zweifel angemeldet werden.

Darauf deutet auch eine Studie des internationalen Internetstrategie-Beratungsunternehmens für die Hotellerie, Bookassist, hin. „Online Travel Agencies (OTAs) wie Booking.com oder Expedia weisen 20 bis 30 Prozent ihres Online-Werbebudgets der Metasuche-Werbung zu“, weiß Geschäftsführer Des O’Mahony. Eine Metasuche komme demnach zum Teil einer bezahlten Suche nach OTAs gleich. Den Ergebnissen von Meta-Suchmaschinen ist durchaus mit Vorsicht zu begegnen. Das betont man auch in der Hotelbranche selbst. „Es wird nicht immer der beste Preis angezeigt“, meinte kürzlich Robert Schmid, Hoteldirektor des renommierten Hotel International au Lac in Lugano in einem Interview. Und er spricht aus eigener Erfahrung: „Wir haben verschiedene Situationen erlebt, wo unser bester direkter Preis vom Preisvergleich verschwand, weil das im Interesse des besseren Click-Kosten-Bieters war. Meta-Suchmaschinen versprechen dem Kunden den besten Preis, aber schauen auch genau aufs eigene Portemonnaie.“

Online-Portale im Clinch mit der Hotellerie
An der wachsenden Marktmacht der OTAs und der Meta-Suchmaschinen stoßen sich auch Vertreter der Hotelbranche wie Luthe: „Wenn sich wenige Player den Markt aufteilen, ist das nicht gut für den Wettbewerb. Zudem werden die hinter dem Portal stehenden Geschäftsmodelle sowohl für den Hotelier als auch für den Gast immer komplexer und damit undurchdringlicher.“ Jahrelang kämpfte er dagegen, dass Buchungsportale die Hotels mit Bestpreis-Klauseln (Hotels dürfen auf der eigenen Homepage nicht billiger anbieten als die Buchungsplattform) an sich binden. Mit Erfolg. Ähnlich ist die Situation in Österreich. Anfang 2017 wurden Bestpreisklauseln als „aggressive Geschäftspraktiken“ eingeordnet. Booking.com protestierte: „Ich verstehe das Vorgehen von Österreich überhaupt nicht. Wir haben im Juli 2015 in 27 Ländern neue Regelungen vereinbart, die mehr Wettbewerb bringen. Unter anderem dürfen Hoteliers auf anderen Plattformen und telefonisch oder per eMail billiger anbieten als bei uns“, so Peter Verhoeven, Global Director Partner Services. Mit seinem Einspruch blitzte er vor Gericht ab. Der Verfassungsgerichtshof entschied im Oktober 2017, dass das Verbot der Klauseln aufrecht bleibt.

Ein Verdrängungswettkampf tobt
Den Buchungsportalen scheint es nicht zu schaden. Noch geht ihr Erfolgslauf weiter, nicht zuletzt dank akribischen Tüfteleien am optimalen Auftritt. In der Booking.com-Zentrale in Amsterdam beschäftigen sich 2000 Menschen ausschließlich mit dem Technologie-Marketing. Getestet wird mit Vergleichsgruppen, welche Texte, Farben oder Bilder am besten angenommen werden. Nichts soll dem Zufall überlassen werden. Der Erfolg scheint Recht zu geben. Die Marktanteile steigen laut Analysen stetig. Verschiedene Studien kommen zu ähnlichen Schlüssen: Bereits mehr als 50 Prozent aller Hotelbuchungen erfolgen aktuell in der D-A-CH Region über Portale, Tendenz steigend. Hinter den Kulissen tobt derweil ein Verdrängungswettkampf. Ob Hoteliers zu Franchisenehmer mutieren oder im gemeinsamen Boot doch wieder ans Ruder kommen, ob Meta-Suchmaschinen die OTAs verdrängen oder letztere sich durch Aufkauf wehren und die Oberhand behalten – all das steht derzeit in den digitalen Sternen.

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