Das Rückzugsgefecht der Geldmagier

Mario Draghi sitzt noch etwas mehr als ein Jahr im Chefsessel der EZB: Wird er den Ausstieg aus der Geldflut noch einleiten?
Mario Draghi sitzt noch etwas mehr als ein Jahr im Chefsessel der EZB: Wird er den Ausstieg aus der Geldflut noch einleiten?(c) APA/AFP/EMMANUEL DUNAND
  • Drucken

Notenbanker sind keine normalen Menschen: Sie wollen die Preise stets steigen sehen. Jetzt erst recht, denn sie brauchen Spielraum für den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik.

Alles wird teurer. Das wissen wir. Das spüren wir. Das glauben wir. Und es stimmt auch. Die Inflationsrate liegt stets über null Prozent. Die Preise steigen also. Aber manchen steigen sie nicht schnell genug. Den Notenbankern etwa. Die wünschen sich schon lang mehr Teuerung. Zumindest in den USA und Europa – nicht so sehr in Venezuela oder der Türkei, wo die Inflation schon exorbitante Ausmaße angenommen hat. Aber im Westen, da gibt es vier entscheidende Fragen für Europäer und Amerikaner. Warum sind die Notenbanken so besessen von der Inflation? Woher kommt das Ziel von zwei Prozent als Ideal? Wo ist das ganze Geld hin, das die Notenbanken in den vergangenen Jahren gedruckt haben? Und was gedenken sie jetzt zu tun?

Erste Antwort: Notenbanker sind keine normalen Menschen. Sie gehen nicht in den Supermarkt und freuen sich über Sonderangebote. Sie sehen stattdessen die Deflationsgefahr. Fallende Preise betrachten sie als Gift für die Wirtschaft und als Beweis ihres Versagens. Schon die Erwähnung des Worts „Deflation“ treibt ihnen den Angstschweiß auf die Stirn.
Der Grund dafür: Hohe Inflationsraten lassen sich leicht bekämpfen. Aber sind sie zu niedrig, stehen selbst die mächtigen Geldmagier irgendwann an. Dann müssen sie zu extremen Mitteln greifen, wie Negativzinsen oder dem Aufkauf von Staatsanleihen mit frisch gedrucktem Geld. Maßnahmen, die vor der großen Finanzkrise noch undenkbar waren.
Wie sind wir hier gelandet? Schon die Finanzkrise wurde durch allzu lockeres Geld ausgelöst. Das führt zu Fehlallokationen, zu Investments, die nicht nachhaltig sind – und dann zu Bubbles. Nach dem Platzen der Bubbles reagieren Banken und Investoren mit dem gegenteiligen Extrem: Sie reduzieren, wo es geht, das Risiko und trauen sich nicht mehr aus dem Bunker. Um diese Pattstellung zu beenden, haben die großen Notenbanken die Geldschleusen erst recht geöffnet. Die Inflation ist auch gleich angesprungen. Kurz. Dann ist sie wieder gefallen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.