Wie viel darf ein Reporter erfinden?

Der Fotograf Walker Evans besuchte mit dem Journalisten James Agee 1936 die Hütten der bitterarmen Baumwollpflücker in Alabama. Die Reportagen darüber sprengten die traditionellen Formen und Grenzen des damaligen Journalismus.
Der Fotograf Walker Evans besuchte mit dem Journalisten James Agee 1936 die Hütten der bitterarmen Baumwollpflücker in Alabama. Die Reportagen darüber sprengten die traditionellen Formen und Grenzen des damaligen Journalismus.Getty Images
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Eintauchen in das Leben der anderen, Anklage und Erschütterung durch große Texte – das alles wurde ermöglicht durch Reportagen. Nun geriet das Genre mit seiner besonderen Erlebnisqualität durch einen Skandal in Verruf.

Entweder Baseballspieler oder Journalist: Das wollte Tom Wolfe, geboren 1930 in Richmond, Virginia, werden. Harte Würfe also oder tolle Entwürfe. Er entschied sich für Letzteres. Er erinnerte sich an eine Biografie Napoleons, die er als kleiner Junge gelesen hatte, der erste Satz war: „Eine junge Frau sitzt in einem Zelt, in einem Umhang gehüllt stillt sie ihr Baby und lauscht einem fernen Rumpeln und Brüllen.“

Der großartige, im Präsens fabulierende Eingangssatz Emil Ludwigs hat aus Wolfe einen Verfasser von Texten gemacht. Er bekam bei der „Washington Post“ eine Anstellung und wurde der Begründer des „New Journalism“. Gerade die berühmtesten Reportagen von Wolfe waren diejenigen, die ihm mit fiktiven Ergänzungen total aus dem Ruder gerieten: Aus einer Reportage über Banker in Manhattan wurde der weltberühmte Roman „Fegefeuer der Eitelkeiten“.

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