Luziwuzi, der überflüssige Erzherzog

Katrin Unterreiner: „Luziwuzi. Das provokante Leben des Erzherzogs Ludwig Viktor“  Molden, 191 Seiten, 23 Euro.
Katrin Unterreiner: „Luziwuzi. Das provokante Leben des Erzherzogs Ludwig Viktor“ Molden, 191 Seiten, 23 Euro.(c) Molden
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Ludwig Viktor, jüngster Bruder Franz Josephs, erfährt späte Rehabilitation.

Luziwuzi nannte ihn der Volksmund abschätzig, den Erzherzog Ludwig Viktor, jüngster Bruder des Kaisers Franz Joseph. Und dieser dürfte nichts dagegen gehabt haben. Denn der Herrscher hielt stets eine gewisse Distanz zu seinen drei Brüdern. Katrin Unterreiner ist es gelungen, uns diesen in der Geschichtsschreibung oft karikierten Erzherzog näherzubringen. Denn der homosexuelle Luziwuzi (1842–1919) war zwar schrullig, aber hochintelligent. Als Kind wurde der hübsche jüngste Knabe von Franz Karl und Sophie am Wiener Hofe als Sonnenschein umschwärmt, schließlich war er das Nesthäkchen. Auch später war er die Liebenswürdigkeit in Person – vornehmlich älteren Damen gegenüber.

Homophil, abgeschoben

Die Neigung zum eigenen Geschlecht wurde in jener Zeit – so gut es eben ging - negiert. Unterreiner weist allerdings nach, dass ihn die Familie nicht schnitt, wie oft behauptet wurde. Aber er war, als „überzähliger Erzherzog“, von jeglichen sinnvollen Aufgaben entbunden. Franz Joseph war stets auf seine Alleinstellung bedacht. Darunter litten nicht nur seine drei Brüder, sein einziger Sohn, Rudolf, zerbrach daran, der Thronfolger Franz Ferdinand konnte nur mühsam seinen Zorn zügeln. Ludwig Viktor gefiel sich angesichts dieser erzwungenen Tatenlosigkeit zunächst als Dandy, in Wien bezeichnete man dies als Gigerl, erst im Alter konnte er in Salzburg Sinnvolles für die Allgemeinheit schaffen.

Verständnis für seine unvorteilhafte Situation durfte er sich nicht erwarten. Die vertratschte Fürstin Nora Fugger schrieb in ihren Memoiren: „Er war grundverschieden von seinen Brüdern, war weder militärisch noch kunstverständig, schwächlich, unmännlich, geziert und von garstigem Äußerem. Man fürchtete ihn wegen seiner Medisance. Er führte ein sehr weltliches Leben, war über alles – nicht immer richtig – unterrichtet, seine Zunge war scharf wie die einer Giftschlange. In alles mischte er sich ein, spann daraus Intrigen und freute sich, wenn kleine Skandälchen daraus wurden . . . Doch er war der Bruder des Kaisers.“

Von der Mutter Sophie verhätschelt, wirklicher Aufgaben enthoben, wurde er schließlich vom Kaiser nach Salzburg entsandt, um sein Lotterleben zu beenden. Dass er verbannt wurde, sei eine hartnäckige Legende, schreibt Unterreiner. Im Gegenteil, er wurde zu einem engen Vertrauten des kaiserlichen Bruders. Nach 1863 war er nur ein paar Monate pro Jahr an der Salzach, sonst residierte er in seinem prachtvollen Ringstraßenpalais am Schwarzenbergplatz, eines der elegantesten Häuser Wiens mit Ballsaal und Wintergarten.

Sisi konnte ihn nicht leiden

Und er führte ein durchaus kostspieliges Leben. Getrübt war es nur durch die tiefe Abneigung, die Kaiserin Elisabeth entwickelte. Die Schwägerin reimte ja mehr schlecht als recht – den Luziwuzi nannte sie verklausuliert einen Affen. 1915 unter Kuratel gestellt, starb er 1919 in geistiger Umnachtung, als letzter der vier Brüder.

Seltsam und anachronistisch mutet an, dass eine ausgewiesene Historikerin und Habsburg-Expertin auf den Nachlass der Erzherzogin Sophie im Haus-, Hof- und Staatsarchiv nicht zugreifen kann. Karl Habsburg hat es Katrin Unterreiner wegen eines kritischen Buches über seinen Großvater Kaiser Karl untersagt . . .

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2019)

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