Das Rätsel um „Sisis“ Schmuck

Kaiserin Elisabeth mit Diamantsternen am Buchcover.
Kaiserin Elisabeth mit Diamantsternen am Buchcover. (c) Verlag Dr. Snizek
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Die Diamantsterne der Wiener Firma Köchert wurden weltberühmt.

Die in Bayern geborene österreichische Kaisergemahlin Elisabeth ist zweifellos immer noch die zugkräftigste Marke im nostalgischen Habsburg-Touristenbusiness. Das Sisi-Museum in der Wiener Hofburg erfreut sich sensationeller Besucherzahlen. Nach Wolfgang Amadeus Mozart kommt weltweit bereits Sisi als bekannteste Österreicherin.

Zu dieser Hysterie um eine im Grunde völlig überforderte, zunehmend frustrierte, schließlich dem Weltgetriebe abholde Person trugen zwei Faktoren bei. Sicher Marischkas Sissi-Filme der Fünfzigerjahre mit der blutjungen Romy Schneider, die für Generationen das ziemlich schiefe Bild einer makellos schönen bezaubernden Märchenprinzessin schuf. Und dann das berühmteste Gemälde des Franz Xaver Winterhalter, das Sisi 1865 in einer Gala-Robe von Worth mit den legendären Diamantsternen im Haar zeigt. Eine berückende Schönheit, zugegeben. Auch wenn der Starporträtist Winterhalter mit einem Weichzeichner arbeitete, dazu unecht wirkende rote Lippen – Sisi verwendete nie einen Lippenstift. Apropos Gala-Robe: Charles Frederick Worth bestimmte eine Zeitlang den Modegeschmack Europas ähnlich den heutigen Star-Designern. Er schuf für Elisabeth und für die Gattin von Napoleon III., Eugenie, unzählige Kleider, die stilbildend für die Damenwelt waren.

Die „rote Erzherzogin“

Johanna Ruzicka haben es jene 27 Diamatsterne von Köchert angetan, die von Elisabeths Tochter, der Erzherzogin Elisabeth Marie, verheiratete Petznek, nach deren Tod der Republik Österreich vermacht worden waren. Es war eine mehr als großzügige Schenkung, die die sozialdemokratisch denkende Aristokratin 1963 ihrer Heimat machte: 500 Stücke, darunter dreihundert Gemälde, Altwiener Porzellan, Schmuck in rauen Mengen.

Ungeklärt hingegen ist der Verbleib jener Preziosen, die in der berühmten Vitrine XIII der Wiener Schatzkammer ausgestellt waren und die Kaiser Karl (der Erste und Letzte) am 1. November 1918 für seine später erfolgte Flucht ins Schweizer Exil ausräumen ließ: Die Diamantenkrone, Broschen, Ketten, Orden, Diademe. In zwei großen Ledertaschen wurden die Schmuckstücke, nur notdürftig in Papier eingeschlagen, mit der Bahn außer Landes gebracht. Bis zu ihrem Tod behauptete Kaiserin Zita, sämtliche Stücke seien ihnen in der Schweiz von Gaunern abgeluchst worden. Tatsächlich lebte die Großfamilie nach ihrer Exilierung auf Madeira 1921 in äußerst ärmlichen Umständen.

Dreister Raub

Zurück zu den Diamantsternen der Firma Köchert. 1998 wurde eines dieser Schmuckstücke im Schloss Schönbrunn aus einer Vitrine gestohlen. Der Raub blieb lange unbemerkt, weil dort statt dessen eine billige Imitation aus dem Schloss-Shop lag. 2007 fand man das Stück durch Zufall bei einem kanadischen Kriminellen, der den dreisten Raub auch gleich zugab. Seine Darstellung (Fallschirmsprung auf das Schlossdach, Eindringen durch ein zuvor geöffnetes Fenster) klang aber denn doch zu abenteuerlich. Wie es wirklich war, ist ungeklärt. Der Stern war Leihgabe einer ungarischen Adeligen, und die Versicherung hatte ihr bereits Schadenersatz geleistet – rund 7000 Euro. Sie zahlte den Betrag zurück und konnte dafür ihren unbezahlbaren Stern wieder in Händen halten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2019)

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