Humanitäres Engagement

Anneliese Gottwald: Hilfe für Kinder, die ihre kranken Eltern pflegen

(c) Superhands
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Humanitäres Engagement. 43.000 Kinder und Jugendliche kümmern sich um erkrankte Angehörige. Damit aus Fürsorge kein Burn-out wird, gibt es Superhands.

Rund 43.000 Kinder und Jugendliche in Österreich machen sich täglich Sorgen – um ihre Eltern, Geschwister oder Großeltern. Sie sorgen sich um deren Wohlbefinden, darum, ob sie ihre Medikamente genommen haben. Ob ihnen zu kalt oder zu warm ist, das Essen schmeckt, in der Wohnung alle möglichen Stolperfallen beseitigt sind. Kurzum: Rund 3,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen fünf und 18 Jahren sind „Young Carers“. Das bedeutet: Sie kümmern sich um ein erkranktes Familienmitglied.

„Die Bandbreite ist groß“, sagt Anneliese Gottwald, Gründerin und langjährige Leiterin der Pflegedienste der Johanniter. „Der Großteil der Pflegebedürftigen leidet an einer chronischen körperlichen Krankheit wie Diabetes, Multipler Sklerose, Parkinson oder Krebs.“ Etwa 30 Prozent der Angehörigen sind mental erkrankt, also von einer Suchterkrankung oder Depression betroffen.

Und die Kinder? „Bei vielen Einsätzen erleben wir Kinder, die ihrem demenzkranken Opa beim Essen helfen, Insulin für die diabeteskranke Mutter besorgen, dem gehbehinderten Bruder in den Rollstuhl helfen“, erzählt Gottwald. „Diese Kinder und Jugendlichen erleben den Fortgang einer chronischen Erkrankung und deren Hochs und Tiefs hautnah mit – ohne darauf vorbereitet worden zu sein. Ohne Unterstützung.“

Informationen für Kinder

Um das zu ändern, hat Gottwald, die bei der Wahl der Österreicher des Jahres 2019 in der Kategorie Humanitäres Engagement nominiert ist, 2012 das Projekt Superhands ins Leben gerufen. Auf der gleichnamigen Webseite finden sich in kindgerechter Sprache aufbereitete Informationen über Krankheiten und Erste-Hilfe-Tipps sowie Ratschläge zur Freizeitgestaltung. Denn: „Die betroffenen Kinder und Jugendlichen helfen aus Nächstenliebe, fallen dadurch aber um eine unbeschwerte Kindheit um.“

Mehr noch: „Oft laufen sie Gefahr, depressiv zu werden oder ein Burn-out zu bekommen“, mahnt sie Freunde, Lehrer und Ärzte zur Wachsamkeit. „Diese Gruppen haben das Wohl der Angehörigen selten auf ihrer Checkliste – wir hoffen, hier Sensibilität zu schaffen.“ Tatsächlich sind die Betroffenen öfter traurig und müde als ihre Altersgenossen. Vielen haben mit Schlafstörungen, Rücken- und Kopfschmerzen zu kämpfen. „Wir möchten sie ermutigen, sich trotz aller Umstände nicht die Lebensfreude nehmen zu lassen“, sagt Gottwald.

Kostenlose Telefonberatung für Betroffene

„Viele haben Angst davor, was in ihrer Abwesenheit zu Hause alles passieren könnte – und lasten sich damit Schuldgefühle auf.“
Um sich diese von der Seele zu reden, wird unter der Nummer 0800888787 montags und donnerstags von 15 bis 17 Uhr kostenlose Beratung angeboten. „Wir hören zu, vermitteln an Pflege- und psychosoziale Dienste oder geben konkrete Auskünfte, etwa, wie um Pflegegeld angesucht werden kann, welche Notdienste in der Nähe sind, wie Essen auf Rädern funktioniert“, sagt Gottwald, die seit heuer in Pension, aber trotzdem weiter als Pflegeexpertin für die Johanniter tätig ist. Zudem besteht die Option, ein E-Mail oder eine anonyme Anfrage zu schicken. „Je früher, desto besser.“

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