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Markus Holzer: Blick auf die Lunge – lang bevor Covid-19 ausbrach

Markus Holzer
Markus Holzercontextflow
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Der mühsame Transfer von der Forschung in die Praxis reizte Markus Holzer, mit seinem internationalen Team eine 3-D-Bild-Suche für Radiologen zu entwickeln.

Als Markus Holzer, Georg Langs, Allan Hanbury und René Donner im Juli 2016 ihr Start-up Contexflow gründeten, wusste die Welt noch lang nichts von Covid-19. Zufall oder nicht, das Quartett beschäftigte sich schon damals mit der Lunge. Genauer gesagt mit Computertomografenbildern der Lunge. Und damit, wie man mit einer 3-D-Bild-Suche Radiologen dabei unterstützen kann, Krankheitsbilder zu identifizieren, und sie gleichzeitig informieren kann, wie ähnliche Fälle befundet wurden. Und, so Contextflow-CEO Holzer, „zusätzlich wird noch Referenzliteratur geliefert“. Das Ziel, sagt er, sei, „den Informationssuchprozess für Radiologen auf wenige Sekunden zu reduzieren“. Denn sie müssten nicht erst beschreiben, was sie auf dem Bild ihres Patienten sehen, um dann in einer Datenbank suchen zu können.

Contextflow greift auf die Datenbanken der 14 Partnerkrankenhäuser in Österreich, Deutschland, Schweden, Kroatien, Spanien und den Niederlanden, deren Bilder und Befunddaten – selbstverständlich anonymisiert, wie Holzer versichert – und auf Literatur zu, bereitet die Daten auf und trainiert zusätzlich die künstliche Intelligenz, die hinter dem System steht. Und dabei haben Holzer und sein divers und sehr international zusammengestelltes Team in Wien einiges zu tun: Denn im Vergleich zu anderen Organen gelte die Lunge, was bildgebende Verfahren betrifft, als sehr anspruchsvoll, sagt Holzer, weil es eine hohe Variation an krankhaften Veränderungen gebe, die zudem schwer zu befunden seien. Dennoch: Knapp vier Jahre nach der Gründung konnte Contextflow angesichts der Corona-Epidemie gemeinsam mit den Partnerkrankenhäusern eine für Covid-19 adaptierte Version entwickeln, die speziell krankheitsrelevante Informationen aufbereitet.

Entstanden war die Idee, auf diesem Feld tätig zu werden, als Holzer, der an der Technischen Universität Wien studiert hatte, für seine Masterarbeit im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts Khresmoi an der Med-Uni Wien mitgearbeitet hatte. Damals war ihm aufgefallen, dass von der Forschung Technologien entwickelt werden, die es nie in die praktische Anwendung schaffen bzw. dass es mitunter sehr lang dauere, bis der Transfer von der Theorie in die Praxis erfolge.

Das müsste doch besser gehen, meinte er, nachdem er seine Masterarbeit 2014 abgeschlossen hatte. Mit seinen drei Kollegen begann er, den Research-Prototypen zur 3-D-Bild-Suche in ein Produkt umzusetzen. „Die drei haben damals naiverweise Ja gesagt“, blickt Holzer zurück. Keiner der vier hatte eine Ahnung, wie man ein Unternehmen gründet, an Förderungen herankommt oder in einem Pitch besteht. Er eignete sich all dieses Wissen an und lernte in Inkubatoren das Einmaleins der Entrepreneure.

Heute weiß Holzer auch, warum es so lang dauert, bis die Forschungsergebnisse in die Praxis Eingang finden: Denn als sie starteten, dachte Holzer, 80 Prozent der nötigen Arbeiten seien schon im Rahmen des Forschungsprojekts erledigt. Ein Irrtum: „Wir hatten damals fünf, maximal zehn Prozent hinter uns.“ (mhk)

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