Austria'20

Die Unschärfe ist bei Eva Schlegel Konzept

Eva Schlegel
Eva Schlegel(c) imago images/SKATA (via www.imago-images.de)
  • Drucken

Nominiert in der Kategorie „Kulturerbe": Sie ist eine fixe Größe im österreichischen Kunstbetrieb. Wie keine andere hat sie mit ihren installativen Arbeiten unseren öffentlichen Raum geprägt.

Man muss genau hinsehen bei Eva Schlegels Kunst. Aber auch wenn man die Augen noch so zusammenkneift, wenn man noch so angestrengt versucht, klar zu sehen – unseren Wunsch nach Erkenntnis unterläuft sie mit immer zarter Geste. Ob das jetzt schöne Frauen sind, erhabene Museumsräume, pornografische Szenen, literarische Texte oder verschneite Hügel hinter einem Fenster, wie es Schlegel samt Fliege darauf, voll Zweifel an der Idylle, 2007 aufs Cover einer „Presse“-Weihnachtsausgabe gezaubert hat.

Die Unschärfe ist bei der 1960 in Hall in Tirol geborenen Künstlerin Konzept. Dient sie doch der Verlangsamung unseres Blicks, verleiht sie auch alltäglichen Dingen etwas Poetisches und Malerisches – sogar unserem eigenen Anblick. Manche erinnern sich vielleicht noch, wie es sich anfühlte, als man 2007 durch den mit schimmernden Spiegel- und Bleiplatten verkleideten Hauptraum der Secession strich.

Getöntes Glas und mystisches Blei sind Eva Schlegels bevorzugtes Material, Fotografie und Rauminstallation ihre liebsten Medien – ihr größtes Museum aber ist der öffentliche Raum. Ihrer Kunst ist tatsächlich kaum zu entkommen, falls man das überhaupt möchte: Beginnt man erst einmal nachzuzählen, wo und was Schlegel alles verwirklichen konnte, kommt man aus dem Staunen nicht heraus – keine andere Künstlerin hat unseren öffentlichen Raum so geprägt wie sie.

Allein wenn man an Museen denkt – vom ehemaligen Essl Museum über die Kunsthalle Krems bis zum Ferdinandeum Innsbruck hat Schlegel Glaswände gestaltet. Der der Eingang zum Mönchsberglift in Salzburg trägt ihre (verschwommene) Handschrift. Genau wie die Glasfenster des Neuen Institut Gebäudes in Wien (NIG) oder, als aktuellstes Beispiel, die Außenhaut der „Libelle“ auf dem Dach des Leopold Museums. Mit 2,35 Millionen Pixelpunkt hat Schlegel auf sie den Faltenwurf eines leichten, vielleicht seidenen Tuchs drucken lassen. Ein Hauch von Nichts schützt so Innen und Außen vor Licht und vor Blicken.

Ähnlich die Gestaltung eines Glasgangs im Rigs-Spital Kopenhagen, das heuer von Königin Margrethe II. eröffnet wurde, um nur ein internationales Beispiel zu nennen. Dreimal war Schlegel bisher auf der Biennale Venedig vertreten, 1988 bei der Hauptausstellung, 1995 im Österreichischen Pavillon und 2011 als dessen Kommissärin. Ihre Auszeichnungen möchte man gar nicht alle erwähnen, sie reichen vom Goldenen Verdienstzeichen Wiens bis zum Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. Doch das sind Nebensächlichkeiten im Kunstbetrieb, in dem Eva Schlegel eine fixe Größe ist, privat zurückhaltend und unprätentiös, gesellschaftspolitisch aktiv. Nicht nur als Professorin an der Wiener Akademie 1997 bis 2006 setzte sie sich u. a. für eine stärkere Sichtbarkeit von Frauen ein. Vertreten, natürlich, seit vielen Jahren von einer Galeristin (Ursula Krinzinger). 2017 musste es also fast Eva Schlegel sein, die als erste Künstlerin offiziell mit dem Porträt eines Staatsoberhaupts (Heinz Fischer) beauftragt wurde. (sp)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.