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Daniel Podmirseg: In der Metropole wächst Nahrung in den Himmel

Daniel Podmirseg
Daniel Podmirsegvertical farm institute
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Nominiert in der Kategorie „Klimainitiative": Daniel Podmirseg, Gründer des Vertical Farm Institutes, bringt die Lebensmittelproduktion der Zukunft in die Gegenwart und spart dabei Energie, Wasser und Platz.

„Sie haben den Film „Metropolis“ nicht verstanden.“ Harte Kritik eines Gastkritikers musste Daniel Podmirseg einstecken, als er 2008 sein Architekturdiplom verteidigte. Sein Thema: Vertical Farming und die Stadt der Zukunft. Danach geht er in seiner Dissertation der Frage nach, inwieweit Vertical Farming die Energieeffizienz von Städten steigern und regionale Lebensmittelproduktion stärken kann. „Fläche ist limitiert, Raum nicht.“ Lebensmittel wachsen in einer Art Turmgewächshaus in den Himmel, im Keller werden Pilze kultiviert und Insekten gezüchtet, dazwischen werden Fische, Obst und Gemüse nach dem Prinzip der Aquaponic in geschlossenen Wasserkreisläufen produziert – alles unter einem Dach, im Herzen der Stadt.

Was erst wie eine Utopie klang, gab es schon längst und zwar in Wien selbst: Die Augen des gebürtigen Meraners leuchten, wenn er von dem Zufall erzählt, der ihn zum Ruthner Turm in Oberlaa brachte, ein brachliegendes Pionierprojekt aus den 70er-Jahren. Der Wiener Maschinenbauingenieur Othmar Ruthner hatte das weltweit erste Turmgewächshaus entworfen und umgesetzt, aber war seiner Zeit zu weit voraus. Der Betrieb mit einer Art Paternoster, der die mobilen Beete in die Höhe beförderte, um gleichmäßig von Licht und Temperatur zu profitieren, war zu teuer, die Technik noch nicht ausgefeilt und der Stand der Wissenschaft noch zu dünn.

Heute sind es systemische Hürden, die der Wiederinbetriebnahme des Turms noch im Wege stehen: Bereits 2021 könnte die erste Ernte eingebracht werden. Wer dem 43-jährigen Architekten zuhört, weiß: Er kriegt das hin. Nach Jahren der Grundlagenforschung, nun auch im Programm Horizon 2020 von der EU gefördert, ist die Zeit der Umsetzung gekommen. Während des Lockdowns sei eine starke Sensibilisierung für das Thema hinzugekommen: „Bis zu welchem Grad kann ich mich selbst versorgen, wie autark kann die Stadt sein?“

Konkrete Möglichkeiten lassen sich übrigens im „Zukunftshof“ in Rothneusiedl finden, der den Landwirtschaftspionieren Wiens eine gemeinsame Plattform gibt. Gute Chancen auf Umsetzung hat auch Podmirsegs Studie für die Seestadt Aspern, wo auf rund 15.000 Kubikmetern produziert werden könnte. Im Gegensatz zu Pflanzenfabriken etwa in den USA setzt der Gründer des Vertical Farm Institutes auf die Nutzung von Sonnenlicht statt künstlicher Beleuchtung. Wissenschaftler in seinem siebenköpfigen Team arbeiten an der Kombination der idealen klimatischen und zeitlichen Komponenten für die Pflanzenzucht.

Wie wird ein Architekt zum Nahrungsmittelproduzenten? „Bevor ich wohne, muss ich essen“, erzählt Podmirseg von seinem Aha-Moment im Studium, als er auf die Peak-Oil-Studie stieß, wonach nach dem globalen Ölfördermaximum die Produktion final zurückgeht. Rund 30 Prozent der Primärenergie wird vom Lebensmittelsektor verbraucht, Tendenz stark steigend. In Österreich gebe es 400 km2 an ungenützter Indoorfläche: Ein Zehntel davon wäre sofort für Lebensmittelproduktion aktivierbar. Worauf warten? (ki)

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