Österreicher des Jahres

Mahmoud Mahmoud und Elias Bracher: Schule aus, Solidarität an

(c) Die Presse/ Clemens Fabry
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Jugendliche als Einkäufer. Mahmoud Mahmoud und Elias Bracher riefen die Initiative „Einkaufen gegen Corona“ ins Leben, um Risikogruppen vor einer Infektion zu schützen.

Es war in einer Freistunde an einem Freitag, den 13., als Mahmoud Mahmoud, Elias Bracher, Paul Hofbauer und Mete Argun sich entschieden, zu Händen und Füßen für Fremde zu werden. Menschen über 60 Jahre, Personen mit Vorerkrankungen oder Alleinerziehende sollten vor einer Infektion mit dem Coronavirus geschützt werden. Kurzum, all jene, auf die der Terminus „Risikogruppe“ zutrifft.
„Am 13. März kündigte sich der Lockdown an“, erinnern sich die Schüler des Gymnasiums Rahlgasse in Wien Mariahilf. „Da Covid Jugendlichen weniger ausmacht, fanden wir, dass es besser ist, wenn wir hinausgehen und nicht Leute wie mein Vater, der an Diabetes leidet und schon zwei Herzinfarkte hatte“, sagt Mahmoud. Wenige Minuten später war der Instagram-Account „Einkaufen gegen Corona“ geboren. „Ja, Ältere sind dort kaum zu finden, wir dachten aber, dass deren jüngere Verwandte oder Bekannte dort sind und unsere Telefonnummern weitergeben werden“, ergänzt Elias. Sie sollten recht behalten.

Noch am selben Tag begannen die Handys der 15-Jährigen, die bei der Austria 20 in der Kategorie Österreicherin und Österreicher des Jahres nominiert sind, zu läuten. Die Schüler besorgten sich Handschuhe und Masken und teilten sich in Teams auf. „Anders hätten wir nicht alles tragen können“, sagt Mahmoud. „Einmal mussten wir einen Weg zu zweit dreimal hin- und herlaufen, da der Kunde so viele Aufträge hatte – ich glaube, die Einkaufsliste war länger als ich“, lacht der 1,57 Meter große Wiener. Auch das Timing war eine Herausforderung: „Anfangs hatten wir zwei, drei Anrufe pro Tag, bald liefen wir täglich von zehn bis 18 oder 19 Uhr durch“, erinnert er sich. „Zum Glück haben uns bald einige Freunde unterstützt.“ Das Prozedere im Detail: Nach dem Anruf wurde die Adresse gesucht, Liste und Geld in Empfang genommen – „ein Herr vertraute uns so sehr, dass er uns die Kreditkarte gab“ – und die Tour begonnen. Kleidung wurde in die Wäscherei gebracht und wieder geholt, in Apotheken, auf Märkten, in Lebensmittelgeschäften und Drogerien wurde eingekauft. „Je genauer die Angaben, desto schneller waren wir“, sagt Elias. „Manchmal mussten wir anrufen – etwa, wenn auf der Liste nur Brot stand; wir wollten ja nichts Falsches besorgen.“

Bald wählten auch Journalisten die Nummer der Helfer. „Der ORF wollte ein Interview“, sagt Mahmoud. Auch in französischen, kanadischen und ägyptischen Medien wurde über die Initiative berichtet. „Mein Vater hat immer wieder etwas darüber auf Facebook gepostet hat – da er ursprünglich aus Ägypten kommt und dort noch Familie und Bekannte hat, wurde man auf uns aufmerksam“, erklärt Mahmoud.

Unterwegs waren die Schüler mit Bus, Bim, U-Bahn und zu Fuß. „Ein Politiker hat uns angeboten, uns mit dem Auto zu fahren, wir lehnten ab“, sagt Elias. „Wir machen das, um zu helfen, nicht zu Werbezwecken.“ Und so soll es bleiben: „Der Lockdown ist vorbei, die Schule hat wieder begonnen, doch wer weiß, was kommt – wir löschen unsere Seiten, wir sind jetzt auch auf Facebook und Twitter, sicher nicht.“ (hell)

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