Zurück in die Stadt

Angeblich träumen alle davon: Vom Haus „im Grünen“.

In weiten Teilen der USA ist es flächenfressende, autozentrierte Realität, der „sprawl“, die wuchernde Zersiedelung, der Speckgürtel um die Kernstädte.

Die Vorgabe, innerhalb der nächsten Jahre den weltweiten CO2 Ausstoß deutlich zu reduzieren, beginnt oder scheitert genau hier: Wie wir unsere Städte weiterentwickeln.

Was heißt wohnen im Speckgürtel tatsächlich? Wo man im urbanen Umfeld einkaufen, Freunde treffen, arbeiten oder ins Beisl gehen kann – zu Fuß, mit dem Rad oder mit der Straßenbahn, heißt im „sprawl“ beinahe jeder Weg: rein ins Auto. Nahversorgung? Mit dem Auto ins Einkaufszentrum. Und wie bringt man Kinder, derentwegen ja so viele „ins Grüne“ gezogen sind, in die Schule? Mit dem Auto. Sie sind besonders immobil, denn die Zeitspanne, in der sie zufrieden im „eigenen Garten“ spielen, ist kurz. „Soccermoms“ nennt man in den USA jene Mütter, die einen Großteil ihrer Zeit im Auto verbringen, um ihre Kinder zum Fußball oder zum Treffen mit Freunden zu bringen.

Es ist schlicht eine technische Bedingung: In der dünnen Besiedelung des Speckgürtels rechnet sich keine Straßenbahn, ja kaum ein attraktiver Bus. Speckgürtel heißt wesenhaft: Stunden im eigenen Auto, Stau, keinerlei Nahversorgung.

Die Alternative ist gar nicht so schwierig. Was steckt hinter dem Wunsch nach dem Haus im Grünen? Menschen wollen einen privaten Freibereich, sie wollen Sonne in der Wohnung, unbelästigt von Autolärm schlafen, Freiraum für sich und ihre Kinder, und sie wollen Gestaltungsmöglichkeiten z.B. bei Wohnungsgrundrissen.

Dort, wo das im urbanen Umfeld angeboten wird, herrscht ungeheure Nachfrage.

Beispiel Wien 2, die bike-city. Gebaut für Alltagsradler wird die Hälfte der Garagenplätze eingespart. Mit dem Geld werden Freiräume wie Terrassen, Sauna, Rad-Infrastruktur und vieles mehr an Qualität geboten. Die U-Bahn ist vor der Tür Für 99 Wohnungen gibt's derzeit 3400 Voranmeldungen.

Werden Projekte wie dieses verstärkt angeboten, wird urbanes Leben die nachhaltige Lebensform schlechthin.

Ein letztes: Im urbanen Umfeld können auch ältere, in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen andere treffen, ins Café gehen, ein selbstbestimmtes Leben führen. Im Speckgürtel allein im eigenen Haus? Sind sie ein Pflegefall.


chorherr.twoday.net("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2007)

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