Politiker: Rein in die Schule

Bei der nächsten Nationalratswahl dürfen erstmals 16-Jährige wählen.

Bei der nächsten Nationalratswahl dürfen erstmals 16-Jährige wählen. Dazu gibt es heftige Kritiker und heftige Befürworter. Jetzt gilt es ein bisschen weiterzudenken und das Jammerpflänzchen „politische Bildung“ in der Schule weiterzuentwickeln. Dazu drei Vorschläge:
1.Im Gegensatz zu jenen, die jetzt die Gefahr wittern, Politiker würden in Scharen die Schulen entern und Schüler parteipolitisch missbrauchen, sei hier das Gegenteil empfohlen: Liebe Lehrerinnen und Lehrer, gebt möglichst vielen Jugendlichen die Chance, Politiker persönlich kennen zu lernen. Ladet sie einzeln oder in „Fünferrunden“ in die Schulen ein. Ohne das zwangsläufig verkürzte mediale Zerrbild ist es eine große Chance, eine Ahnung davon zu bekommen, was „Politiker zu sein“ bedeutet.

Unterschätzt dabei die Jugendlichen nicht. Sie bereiten sich gerne auf derartige Gespräche vor (das Internet ist dabei extrem hilfreich) und genießen es geradezu, mit einer bisher nur medial bekannten Person zu streiten. Manipulationsgefahr? Wie gering ist das Vertrauen in Schulleitungen bzw. in die Lehrer/Elternschaft, dass man fürchten müsste, einseitige Propaganda würde geduldet werden?
2.Die unvorbereitete Teilnahme an Nationalratssitzungen ist ein Schnellkurs in Politikverdrossenheit. Was sehen die Schüler im Plenum? Abgeordnete, die alles tun, was in der Schule verboten ist. Sie hören nicht oder kaum zu, rufen dazwischen, sind in Zeitungen vertieft oder „schwätzen“.

„Was, das ist Politik?“, wird dann entsetzt gefragt. Nein, müsste man antworten, das ist eine ritualisierte Show über längst Beschlossenes für die Medien, und man hätte bestenfalls einen Anknüpfungspunkt über die extrem schwache Rolle der Parlamente gegenüber der Regierung zu diskutieren.
3.Entfeudalisiert die Schulen, gebt ihnen Freiheit. Derzeit muss nahezu alles „von oben“ genehmigt werden. Die geringe Entscheidungsfreiheit, die Schulen in Österreich zugestanden wird, erinnert mehr an ein Feudalsystem als an eine Demokratie. Will ein Lehrer eine Politikerrunde einladen, reicht nicht ein Ja der Schulleitung, submissest muss bei der Behörde eine Genehmigung eingeholt werden.

In einer solchen „politischen Kultur der Unfreiheit“ Demokratie zu erlernen ist ein Widerspruch in sich. Das wäre die wahre politische Bildung: die Schule als Polis.


chorherr.twoday.net("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2007)

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