Italien: Verhaltenskodex für Ausländer festgelegt

Italiens Innenminister erlässt „Werte-Katalog für Zuwanderer“: Polygamie und Burqa sind tabu.

ROM. Wer in Italien lebt oder dorthin einwandern will, soll sich künftig an einen sozio-religiösen Wertekodex halten: Nach monatelangen Beratungen mit Wissenschaftlern, Juristen und Sicherheitsexperten, Ausländergruppen und islamischen Verbänden präsentierte Innenminister Giuliano Amato in der Nacht auf Dienstag eine Art „Grundgesetz für Zuwanderer“.

Italien, so heißt's in dem 31-Punkte-Katalog, sei aufgrund seiner zentralen Lage im Mittelmeer immer Kreuzungspunkt von Völkern und Kulturen gewesen; Ziel sei heute, einen „kulturellen Pluralismus“ zu verbreiten, der die Traditionen und Grundwerte der italienischen Gesellschaft respektiere.Diese Werte entstammten den alten Kulturen Griechenlands und Roms und seien „im Horizont des Christentums“ zusammen mit dem Judentum gewachsen. Durch sie habe sich Italien „der Modernität und den Prinzipien von Freiheit und Gerechtigkeit geöffnet“.

Das Papier, das keine Gesetzeskraft hat, fordert von Immigranten, diese Werte sowie Verfassungsprinzipien wie Freiheit und Gleichheit zu achten. Es betont gleiche Würde und Rechte von Mann und Frau, verbietet Zwangsehen, stärkt Rechte von Kindern. Diese hätten das unbedingte Recht auf Schule und Bildung, auch damit sie Freundschaft mit anderen schlössen.

Polygamie und Beschneidung von Frauen werden abgelehnt. „Bekleidungsvorschriften“ will Italien nicht erlassen. Ausnahme: „Schleier, die das Gesicht bedecken, sind inakzeptabel. Sie verhindern ein Erkennen der Person und hindern diese daran, mit anderen in Beziehung zu treten.“

Menschenrechte vor Glauben

Niemand dürfe sich von Symbolen anderer Religionen beleidigt fühlen. Und: „Prinzipien der Freiheit und Menschenrechte können nicht im Namen einer Religion verletzt werden.“ Verboten sind „jede Gewalt oder Anstiftung zur Gewalt, die religiös begründet ist“.

In Italien leben rund drei Millionen Zuwanderer. Mit knapp fünf Prozent ist der Ausländeranteil halb so hoch wie in Deutschland. Eine kulturell wie quantitativ dominante Gruppe (so wie Türken in Deutschland) gibt es nicht. Am stärksten vertreten sind Rumänen (300.000), dann Albaner und Marokkaner. Nach Chinesen und Ukrainern (je gut 130.000) kommt eine breit gestreute Schicht aus Ecuadorianern, Peruanern, Mazedoniern, Ägyptern, Polen, etc. In der öffentlichen Debatte herrscht indes der Eindruck, der militante Islam bemächtige sich Italiens.

Italiens Mitte-Links-Regierung will derweil die legale Immigration erleichtern, um sie dem Bedarf des Arbeitsmarkts anzupassen. Ein Gesetzesentwurf wurde Dienstag im Kabinett verabschiedet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2007)

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