LEBEN: Single-Falle für Brüsseler Bürokraten

Partnervermittlung „Eurosingles“ unter Beschuss: „Flirt-Willige“ sollen nur aufs Geld aus gewesen sein.

BRÜSSEL. „Mein Name ist Martine. Ich bin 41 und neu in Brüssel. Ich arbeite bei der EU-Kommission und möchte Gleichgesinnte kennen lernen. Ich bin frisch geschieden und an den Wochenenden viel allein. Das will ich ändern.“ So lautet ein typischer Text auf den (nicht öffentlichen) Seiten der Homepage der Partnervermittlung „Eurosingles“ (fr.groups.yahoo.com/group/eurosingles/). Ziel der vier Jahre alten Agentur ist es laut der Gründerin und Mitarbeiterin des Rates der Europäischen Union, Laura di Rosa, Amors Pfeil zu beschleunigen. Denn vor allem EU-Beamte, die erst nach Brüssel übersiedelt sind, seien oft einsam.

„Es ist nicht so einfach, zwischen den vielen Nationen gute Freunde oder den passenden Partner zu finden“, sagt di Rosa zur „Presse“. Doch „Eurosingles“ habe „durchaus schon Erfolg gebracht“, ist sie überzeugt. Rückmeldungen von Mitgliedern habe sie nicht. Daraus, dass die Zahl und die Namen der Klienten laufend wechseln, schließt sie aber, dass der Bedarf schnell gestillt ist, die Mitglieder also rasch Anschluss finden.

„Wie eine Milchkuh gemolken“

In den vergangenen Monaten dürfte die Partnerbörse aber übers Ziel hinaus geschossen haben: Erst kürzlich wurde über die Deutsche Presseagentur bekannt, dass sich ehemalige Kunden von falschen Interessentinnen „ausgenommen“ fühlen. Wie eine „Milchkuh“ sei er gemolken worden, zitierte die Zeitung „La Libre Belgique“ einen geschiedenen EU-Kommissionsbeamten. Vermeintlich Flirt-Willige seien nur auf sein Geld aus gewesen, dabei hätten Männer mit einer dicken Brieftasche „das gleiche Bedürfnis nach echter Zuneigung“, soll ein Beamter gesagt haben. Auch weibliche EU-Bedienstete dürften über belgische, bereits verheiratete Herzensbrecher geklagt haben.

Darin soll auch eine Hauptursache des Übels liegen: Dass sich die Agentur bald für Einheimische öffnete. Ursprünglich war die – übrigens kostenlose – Mitgliedschaft Mitarbeitern von EU-Institutionen, Agenturen, Ständigen Vertretungen, Eurocontrol, Botschaften, sonstigen europäischen Institutionen in Brüssel und der Nato vorbehalten. Um die Klientenzahl zu erhöhen, wurden später Belgier von außerhalb der internationalen Organisationen zugelassen.

Von diesem Weg ist man offensichtlich wieder abgekommen: Auf der „Eurosingles“-Homepage, die 235 Kunden anführt, fand sich am Donnerstag der strikte Hinweis, dass nur noch Interessenten der genannten Einrichtungen aufgenommen würden. Di Rosa wollte der „Presse“ aber keine vorhergehenden Beschwerden bestätigen.

Gute Arbeit, viel Ehr', ein Durchschnitts-Nettogehalt von mehr als 100.000 Euro im Jahr, ein luxuriöser Lebensstandard – EU-Beamte oder EU-Beamtinnen haben viel, nur oft keine Partnerin oder keinen Partner fürs Leben. Für eine junge belgische Mitarbeiterin in der Vertretung eines österreichischen Bundeslandes liegt das zum Teil an der Sprache: „Französisch lernen, statt privat nur mit Deutschsprachigen zu verkehren“, rät sie Österreichern und Deutschen, die nach Brüssel kommen. „Wer hier seine Hobbies pflegt und sich in Sportklubs einschreibt, ist nicht lang allein.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2007)

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