Pröll unter Beschuss: „Bei den Bauern ist er dick da“

Umweltpolitik. Minister Josef Pröll gerät unter Beschuss. „Er sieht Umwelt als lästiges Anhängsel“, sagt die Grüne Eva Glawischnig. „Er laviert sich durch“, meint Ulli Sima (SPÖ).

Wien. Josef Pröll hatte bisher keine Probleme mit seinen Sympathiewerten – auch nicht bei den anderen Parteien. Er handelte sich zwar schon einmal einen grünen Misstrauensantrag ein (wegen des Gentechnikgesetzes). Im Großen und Ganzen ließ ihn die Opposition aber in Ruhe. Nicht so, seit der Klimawandel in aller Munde und Umweltminister Pröll mit seiner Klimastrategie einen „Klimaschmäh“ verkauft (Grünen-Chef Alexander Van der Bellen). Vor allem der Umstand, dass Pröll sogenannte Emissionszertifikate im Ausland zukauft, um die versprochene CO2-Reduktion auf dem Papier zu erreichen, empört Opposition wie Regierungspartner.

Doch wie sieht es mit dem Rest der Pröllschen Umweltpolitik aus? Die Bilanz der alten und neuen Opposition ist keineswegs schmeichelhaft. Die Zweite Nationalratspräsidentin und grüne Vizechefin Eva Glawischnig und Wiens SPÖ-Umweltstadträtin Ulli Sima (im Parlament noch Widersacherin des schwarzen Ministers, nun der neue Koalitionspartner) sehen vor allem die Kombination des Umwelt- mit dem Landwirtschaftsressort als Grundproblem. „Bei den Bauern ist er dick da“, meint Sima. Sonst vermisse sie den Elan des Ministers. Auch Glawischnig findet: „Die Landwirtschaft ist die absolute Dominante, die Umwelt sieht er als lästiges Anhängsel.“

Auch in der aktuellen Sache, der Klimaschutzstrategie, stimmen die beiden Umweltpolitikerinnen überein. „Für den Klimaschutz ist das bitter. Weil wir in der EU schlecht dastehen“, findet Sima. Zwischen 2008 und 2012 würden 288 Millionen Euro im Ausland investiert – Windräder in Ungarn oder Deponiegasanlagen in Ägypten. „Das tut mir in der Seele weh. Für Österreich bringt das Nullkomma-Sepperl“, sagt Sima. Mit Umwelttechnik könnte man in Österreich Arbeitsplätze schaffen.

Dabei wäre es ganz einfach, findet Glawischnig, die im Gegensatz zu Sima und der SPÖ keine Notwendigkeit für einen Klimaschutzbeauftragten sieht: „Es braucht nur mehr Geld vom Finanzminister und einen Umweltminister, der was tut.“

Gibt es denn gar nichts, wo Pröll als Umweltminister punkten konnte? Sima findet nicht. Mehrwegflaschen müsse man suchen, im Verkehrsbereich sei nichts geschehen und auch die Biosprit-Offensive betrachtet sie mit Skepsis, weil es mehr Düngemittel für den Anbau auf schon stillgelegten Flächen gebe. „Er ist keiner, der was umgesetzt hat“, findet auch Glawischnig. „Und wenn, dann war er auf der falschen Seite, wie bei der Lex Spielberg, beim Klimaschutz oder beim Feinstaub.“ Ein kleines Lob der Grünen gibt es aber doch: „Bei der Gentechnik kann man ihm nichts vorwerfen.“

Pröll wehrt sich

Das zweimalige Abschmettern von Angriffen der EU-Kommission auf das gentechnikfreie Österreich verbucht das Umweltressort denn auch als großen Erfolg des Ministers. Und in der Klimapolitik fühlt sich Pröll ungerecht behandelt. Schließlich habe Österreich ein extrem ambitioniertes Ziel im Vergleich zu anderen EU-Ländern. Man wehrt sich vor allem gegen Vorbehalte, Biodiesel und Ethanol betreffend. Pröll kündigt nämlich an, die Beimischung im Treibstoff von 5,75 auf zehn Prozent zu erhöhen. Allein das spare zwei Mio. Tonnen CO2-Ausstoß. Meinung S. 35

Inline Flex[Faktbox] TREIBHAUSGASE("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2007)


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