Ich mache einen Trend mit

Ich aber sage: Männer haben einfach ein Faible für nutzloses Wissen.

Ich war ja nie ein Trendsetter: In Bars bestelle ich Caipirinha, obwohl das allenfalls in Provinz-Discos erlaubt ist. In unserem Schlafzimmer steht ein Röhrenfernseher. SMS sind mir immer noch ein Gräuel. Und Sudokus löse ich erst seit wenigen Wochen, nachdem man mir monatelang erklärt hat, wie unglaublich hip das ist und herausfordernd.

Bis ich es geglaubt habe – und zunächst verblüfft war, dass es mit Rechnen nicht klappt. Für Laien: Rechnen ist nämlich falsch. Die Zahlen bedeuten gar nichts. Man könnte auch Buchstaben nehmen oder Pokemons. Hauptsache neun und sie sehen verschieden aus.

Nachdem ich das verstanden hatte, wurde ich ziemlich gut. Bis ich entdecken musste, dass bei den Sudokus am Samstag eine „Presse“-Bestzeit angegeben ist. Fünf Minuten – steht da zum Beispiel. Fünf! Da habe ich ja noch nicht einmal den Radiergummi gefunden. Oder den Bleistift gespitzt. Und ohne gespitzten Bleistift mache ich gar nichts.

Jedenfalls möchte ich jetzt wissen, wer hinter diesen Bestzeiten steckt. Ich meine: Wer macht denn so was? Und warum? Knobeln die mit System? Ist das nicht fad? Wie viel Zeit haben die investiert, bis sie so gut geworden sind? Und sind das die gleichen, die damals jedes Zauberwürfel-Wettdrehen gewonnen haben? Die saßen da, drehten an dem Ding herum, schauten gar nicht richtig hin. FERTIG! Und meiner sah immer noch aus wie ein psychedelisches Mosaik.

Das waren übrigens immer Buben, niemals hat ein Mädchen je so einen Zauberwürfel-Wettbewerb gewonnen, eigentlich machten wir da gar nicht richtig mit. Wir schauten den Burschen zu, bewunderten sie auch, dachten aber nicht im geringsten daran, gleichzuziehen. Ha! Könnte man sagen: Mangelnder Ehrgeiz. Und dann reden die Frauen dauernd von gläserner Decke!

Ich aber sage: Männer haben einfach ein Faible für nutzloses Wissen. Das beginnt im Kindergarten mit der Differenzierung von Dinosaurierarten und Automarken. Es endet mit Weltcup-Sieger-Listen und Zitaten von Brecht, Adorno oder Thomas Mann. Und mit dem Ehrgeiz, Sudokus in fünf Minuten zu lösen. Sinnlos.

Wozu ich nur sagen kann: Ich warte schon auf Samstag.


bettina.eibel-steiner@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2007)

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