Deutschland: Angst vor Krawallen beim G8-Gipfel

Globalisierungs-gegner und Polizei rüsten vor Treffen in Heiligendamm auf.

BERLIN. Gut vier Wochen vor dem G8-Gipfel im Ostseebad Heiligendamm steigt die Nervosität auf allen Seiten. Im Kunsthaus Bethanien in Berlin-Kreuzberg und in der „Roten Flora“ im Hamburger Schanzenviertel ist die Wut der Globalisierungsgegner noch nicht verraucht. Zwei Tage nach einer Razzia dominiert in den Schaltzentralen des Widerstands der Tenor „Jetzt erst recht“.

Die Aktivisten hoffen auf einen Mobilisierungseffekt für die Proteste gegen das Treffen der Staats- und Regierungschefs, die abgeschirmt Anfang Juni tagen. Denn bisher blieb der große Zulauf aus. Die Demonstranten wollen die Zufahrtswege blockieren. Die Polizei fürchtet, die Proteste könnten zu Gewaltexzessen ausarten.

Razzia als „Warnschuss“

Nach mehreren Brandstiftungen in den vergangenen Monaten war die Polizei in einer konzertierten Aktion in Berlin und Hamburg gegen militante Gruppen vorgegangen, beschlagnahmte Computer und Schriften, nahm aber keine Festnahmen vor. Die Bundesanwaltschaft zeigt sich über die wachsende Aggressionsbereitschaft der linksradikalen und autonomen Szene besorgt.

Ein Sprecher der Anti-Globalisierungsorganisation „Attac“ nannte die Aktion „Einschüchterungsversuch“. Es werde nicht gelingen, einen Keil in die Bewegung zu treiben. Inoffiziell sprach selbst die Polizei von einem „Warnschuss“. Die Grünen kritisierten die Razzia als unverhältnismäßig, die Linkspartei wetterte gegen „Methoden eines Polizeistaats“. Nötig sei Deeskalation, um Ausschreitungen wie beim G8-Gipfel in Genua vor sechs Jahren zu verhindern, sagen Kritiker.

„Für Haftplätze ist gesorgt“

Die Regierung in Berlin verfolgt eine Doppelstrategie. Einerseits betont sie das Recht auf friedliche Demos; andererseits drohen Sicherheitspolitiker, vor allem Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU), mit „Vorbeugehaft“ bis zu 14 Tagen für potenzielle Unruhestifter. Schäuble sprach von „erhöhter Gefahr“ und erinnerte an den G8-Gipfel 2005 in Gleneagles in den schottischen Highlands, als in Bussen und U-Bahnen in London zeitgleich Bomben explodierten. Vor solchen Anschlägen sei auch Deutschland nicht gefeit.

Schäuble kündigte scharfe Grenzkontrollen und die Aufhebung des Schengen-Vertrages an. Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern, Ort des Treffens, zeigt sich gerüstet: Für Haftplätze sei ausreichend gesorgt, hieß es.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.05.2007)

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