ÖVP-Parteireform: Rabenmutter oder arme Hausfrau

Als Resümee nahm man mit, dass in Österreich arbeitende Mütter Rabenmütter und zu Hause bleibende eben nur arme Hausfrauen seien.
Als Resümee nahm man mit, dass in Österreich arbeitende Mütter Rabenmütter und zu Hause bleibende eben nur arme Hausfrauen seien. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Den Kinderwunsch anzukurbeln ist Ziel einer eigenen VP-Arbeitsgruppe.

WIEN(hes). In ihrer Perspektivengruppe 2010 sucht die ÖVP nicht nur neue Lösungsmuster für politische Kernthemen, sie will auch dafür sorgen, dass ihr unterwegs die Wähler nicht aussterben. Der Arbeitskreis „Kinderwunsch“ hat sich aus diesem Grund fachliche Unterstützung aus Deutschland in Gestalt des Historikers und Soziologen Peter Nolte, Mitglied des Rats für Innovation und Wachstum der Kanzlerin Angela Merkel geladen, der Mittwochabend seine Sichtzur Diskussion stellte.

Das aufgeschobene Kind

Die Entscheidung, Kinder später zu haben, solange zu verschieben bis sie verschoben bleiben, sei schon lange nicht mehr nur eine höchstpersönliche Angelegenheit, sondern eine mit Folgen für alle. Wobei Nolte drei Problemgruppen der Kinderlosigkeit nannte. Zum einen die Akademiker, aber auch die Männer, die noch häufiger kinderlos bleiben als Frauen, sowie die enkellosen Alten. Es sei an der Zeit, Kinderlosigkeit auch über mehr als eine Generation hinweg zu betrachten. Dass der Kinderwunsch aufgeschoben werde, weil Unsicherheit vorherrsche, sieht Nolte als Ausrede. „Noch nie war es so leicht, Kinder zu haben wie heute. Noch nie waren Großeltern so verfügbar wie heute. Das sollte man angesichts des großen Jammerns mehr betonen.“

Die Lösung sieht Nolte nicht allein beim Staat, der natürlich finanzielle Anreize bieten solle, sondern vielmehr in der Eigenverantwortung, im Reklamieren von Familienzeit gegenüber dem Arbeitgeber, etwa. „Wir brauchen Pioniere. Männer, die das vormachen, dass man in Karenz geht.“ Im Publikum wurde moniert, dass es in Österreich keine Familienbesteuerung gebe, keine höheren Pensionsbeiträge für Kinderlose, keinen Vorzug für Eltern bei der Einstellung, sondern stattdessen „unnütze“ Maßnahmen wie Abtreibungen auf Krankenschein oder Zuverdienstgrenzen eingeführt wurden. Die VP-Landtags-Abgeordnete für Niederösterreich, Inge Rinke, übte auch Kritik an den eigenen Reihen. Dass die VP-Frauen nicht aufgeschrien hätten, als Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller die Abtreibung auf Krankenschein eingeführt hat, sei ein Skandal. Der Grund, warum es in Österreich keine Familienbesteuerung mehr gebe, war übrigens auch rasch gefunden. Noch nie war Österreich so rot wie jetzt, bemerkte Moderator Lukas Mandl.

Als Resümee nahm man mit, dass in Österreich arbeitende Mütter Rabenmütter und zu Hause bleibende eben nur arme Hausfrauen seien. Man sei als Mutter jedenfalls in einer negativen Stimmung gefangen; das zu ändern sei das Ziel. Dass das anwesende Baby bei jedem Glucksen den Raum verlassen musste, während mehr Kinderfreundlichkeit beschworen wurde, fiel kaum auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2007)

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