Eurofighter-Ausschuss: Brisante Papiere aufgetaucht

(c) EPA (Paco Campos)
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Die wahren Kosten der Eurofighter-Beschaffung sollten "vor der Bevölkerung verschleiert" werden, besagt ein Schreiben des Waffenlobbyisten Wiederwohl an EADS-Vertreter. Für die SPÖ ein "Super-GAU", für die ÖVP ein "Entlastungspapier".

Im Eurofighter-U-Ausschuss sind am Dienstag brisante Papiere aufgetaucht. Im Rahmen der Befragung der ehemaligen Gesundheitsministerin und ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat kam ein Sachstandsbericht des Waffenlobbyisten Kurt Wiederwohl zur Sprache. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: "Die wahren Kosten der Gesamtbeschaffung werden mit drei Erfüllungsstufen vor der Bevölkerung verschleiert." Das Schreiben richtete Wiederwohl am 10. Mai 2001 an Klaus-Dieter Bergner, heute Geschäftsführer der für Gegengeschäfte zuständigen EBD, und Dieter Rode von EADS Deutschland.

"Wirtschaftliche Gegebenheiten/Preise"

"Der Kompensationsumfang beträgt ca. 40 Milliarden Schilling. (...) Politisch wurde der Abfangjäger seit Jahren mit 20 Mrd. Schilling gehandelt, der tatsächliche Bedarf liegt jedoch bei 40 Mrd.

Lösungsansatz: Man behält die 20 Mrd. Schilling bei, vereinbart darauf 200 Prozent Kompensation, die denn tatsächlichen Kaufpreis von 40 Mrd. Schilling in Form einer 100-prozentigen Kompensation entsprechen. Das ergibt die Notwendigkeit der Angebotslegung einer gerade noch rollfähigen (besser flugfähigen!!!) Variante.

Alles andere wird über die Jahre hin nachbeschafft und unterliegt keiner politischen Diskussion mehr (wichtige Vorgehensweise)."

Der damalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wird im Kapitel "politische Gegebenheiten" als der "große Schweiger und Abgehobene" beschrieben.

"Politische Gegebenheiten"

"Bundeskanzler Schüssel behält sich die Entscheidung persönlich vor, d.h. es ist die persönliche Einflussnahme von Regierungsmitgliedern der vier EF-Länder, wie es auch Schweden seit Jahren intensiv macht, notwendig.

Die nächste sich diesbezüglich bietende Möglichkeit ist der Besuch von Bundeskanzler Schröder (deutscher Ex-Kanzler Gerhard, Anm.) am 26. Mai 2001 in Wien. Die Verteidigungs-, Wirtschafts- und Finanzminister der vier Eurofighter-Länder müssen ihre österreichischen Amtskollegen in gegenständlichem Beschaffungsvorhaben ebenfalls kontaktieren.

Bundeskanzler Schüssel, bekannt als der 'große Schweiger' und 'Abgehobene' ist aus verifizierter Sicht von Österreich heraus nicht zu kontaktieren."

Der Sachstandsbericht wurde von Wiederwohls Firma "ASA - Aerospace Austria" verfasst. Ausschussvorsitzender Peter Pilz (Grüne) bezeichnete das Schreiben als eine Art "Regie-Vorschlag" für die Eurofighter-Beschaffung. Wiederwohl hatte im Ausschuss ausgesagt, bis zur Bestellung des EADS-Lobbyisten Erhard Steiningers für Eurofighter "entscheidende Anbahnungsarbeit" geleistet zu haben und die Aufnahme des Jet-Herstellers "in die Bieterliste" erwirkt zu haben. Für seine Arbeit habe er von EADS aber bis jetzt "keinen Cent" erhalten, sagte Wiederwohl.

Unterschiedlichste Interpretationen

Die Interpretationen zum Sachstandsbericht waren in der heutigen Ausschuss-Sitzung äußerst divergierend. Während für die ÖVP-Fraktionsvorsitzende Maria Fekter die Dokumente ein "Entlastungspapier" sind, bezeichnete der SPÖ-Fraktionsführer Günther Kräuter das Schreiben als "Super-GAU". Der Abgeordnete Ewald Stadler hält auf Grund der neuen Sachlage eine "ganze Reihe von neuen Ladungen" für notwendig, schließlich sei in dem "Regiepapier" genau "das beschrieben, was eingetreten ist".

Chefverhandler Wall entlastet

Der Eurofighter-Verhandlungsführer des Verteidigungsministeriums, Edwin Wall, konnte am Vormittag in seiner Anhörung die Vorwürfe gegen ihn offensichtlich entkräftigen. In einem anonymen Schreiben an Ausschussvorsitzenden Peter Pilz (Grüne) war spekuliert worden, Wall habe "beträchtliche Vermögenszuwächse" im Rahmen des Jet-Deals verzeichnet. Seine zwei Liegenschaften habe er bereits 20 bis 30 Jahre vor der Beschaffungsphase erstanden, verteidigte sich Wall gegen die Anschuldigungen.

»"Nicht jede Spur ist eine heiße"«

Kommentar eines Abgeordneten nach der Wall-Befragung

Weitere Details wurden der Öffentlichkeit auf Wunsch des Zeugen nicht mitgeteilt. Walls Aussagen dürften aber eher zu seiner Entlastung beigetragen haben.

Erneut zahlreiche Zeugen-Absagen 

Für Streit zwischen den Fraktionen haben die zahlreichen Zeugen-Absagen gesorgt. Pilz will die Ausschuss-Verweigerer am 26. Juni neuerlich laden. Unverzichtbar sind für ihn der Unternehmer Walter Schön, der an der für die Gegengeschäfte zuständigen "European Business Development" (EBD) beteiligt ist, Hubert Hödl von Magna sowie Wolfgang Aldag und Uwe Kamlage von EADS.    

Auch für die - eigens für Jet-Vertreter anberaumte - Sitzung am Donnerstag gibt es eine Menge Absagen. EADS-Mitarbeiter hielten sich schon bisher vom Ausschuss fern, Ausschussvorsitzenden Peter Pilz sprach zuletzt von etwa 20 vergeblichen Ladungen. (APA/Red.)

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