Afrikanisch und Weltklasse

AP
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Fußball-WM 2010. Bestandsaufnahme 1000 Tage vor der WM in Südafrika: Die Stadien werden rechtzeitig fertig, doch Infrastruktur und Kriminalität bleiben problematisch.

Johannesburg (APA/DPA). Am Samstag sind es nur noch 1000 Tage bis zum Anpfiff der Fußball-WM 2010 in Johannesburgs „Soccer City“. Chef-Koordinator Danny Jordaan ist aber schon jetzt überzeugt: „Das Turnier wird Weltklasse und zugleich sehr afrikanisch sein.“ Afrikanisch und Weltklasse – mit diesem Anspruch wollen die Organisatoren der ersten WM auf dem Schwarzen Kontinent gegen herrschende Klischees antreten. Und davon gibt es viele.

Sie haben die Südafrikaner vom Start begleitet. Von Beginn an gab es Skepsis, ob die Stadien rechtzeitig fertig werden würden. Seitdem sie Form annehmen, ist die Kritik leiser geworden. Jordaan führt die Zweifel zum Teil auf Ignoranz zurück, gewinnt ihnen aber auch Positives ab: „Sie haben zum Zusammenrücken der Bevölkerung und zu ihrer Mobilisierung geführt.“

Rechte teuer verkauft

Nach dem Abarbeiten von Verträgen und Planungsdokumenten hat nun die konkrete Arbeitsphase begonnen. „Die ganze Welt wird 2010 gebannt nach Südafrika blicken. Und soweit ich das beurteilen kann, liegt man gut im Zeitplan“, meinte kürzlich der deutsche Fußball-„Kaiser“ Franz Beckenbauer. Schon jetzt gilt das sportliche Großereignis als kommerzieller Erfolg.

95 Prozent aller Rundfunkrechte sind verkauft, und allein durch die TV-Rechte kamen 1,47 Milliarden Euro in die Kassen. Außerdem hat sich gezeigt, dass das Turnier in dem Schwellenland kein Geld von Sozialprogrammen abzieht. Es werden insgesamt 450.000 WM-Fans erwartet. 30.000 der von der Fifa beanspruchten 55.000 Betten sind bereits gesichert.

Dennoch bleibt eine lange Reihe von Problemen, deren Lösung schwieriger wird als der Stadienbau. Nach jahrzehntelangen Stromüberschüssen geht Südafrika angesichts seines wirtschaftlichen Booms die Energie aus. Stromausfälle sind an der Tagesordnung. Zwar werden alle Stadien eigene Generatoren haben, doch die Frage der Energiesicherheit im Lande bleibt trotz des Baus neuer Kraftwerke prekär.

Störender Wahlkampf

Ähnliches gilt für den Transport. Südafrika versteht die WM als Chance, ohnehin anfallende Arbeiten vorzuziehen und will seine verfallende Infrastruktur modernisieren. Straßen, Schienen und Flughäfen werden mit Milliardenaufwand modernisiert. Doch das Rückgrat des Transports stellen in Südafrika die Sammeltaxis, die sich durch hoffnungslos verstopfte Straßen quälen – gerade im Großraum Johannesburg, wo sich drei der zehn WM-Stadien befinden. Knapp 500 Busse sollen zwar bis 2010 angeschafft werden, aber Alternativen zum Straßenverkehr gibt es nur wenige.

Ein noch größeres Problem betrifft die Sicherheit. Das Land hat eine der weltweit höchsten Mord- und Vergewaltigungsraten. Zunehmende Überfälle auf Touristen in Kapstadt, Durban oder Johannesburg treiben den Verantwortlichen die Schweißperlen auf die Stirn. Nach jetzigem Stand soll die Zahl der Polizisten aufgestockt werden und Versammlungsorte wie Fan-Parks oder Hotels mit zahlreichen WM-Anhängern besonders abgesichert werden.

Der Erfolg dieser Absicherung könnte durch die Unruhe in den Townships beeinträchtigt werden, wo sich die arme Bevölkerung gegen Behördenwillkür und den ineffizienten öffentlichen Dienst auflehnt. Die Unruhe wird durch den beginnenden Wahlkampf verschärft, aus dem 2009 der Nachfolger von Präsident Thabo Mbeki hervorgehen wird.

DIE WM-STADIEN 2010 auf einen Blick

Johannesburg: Ellis Park (60.000), Soccer City (Kapazität 94.700).
Durban:
Moses Mabidha Stadium (70.000).
Kapstadt:
Green Point Stadium (68.000).
Tshwane/Pretoria:
Loftus Versfeld Stadium (52.000).
Nelspruit:
Mbombela (43.000).

Mandela Bay/Port Elizabeth: Mandela Bay Stadium (50.000).
Mangaung/Bloemfontein:
Free State Stadium (48.000).
Polokwane:
Mokaba Stadium (45.000).
Rustenburg:
Royal Bafokeng Stadium (40.000).

www.fifa.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2007)

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