HD+: Der Seher an der kurzen Leine

(c) AP (Julian Stratenschulte)
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Demnächst senden die wichtigsten deutschsprachigen Programme auch in High Definition. Das Verschlüsselungssystem HD+ trübt aber die Freude der Seher.

High Definition ist auf dem Vormarsch. In vielen Haushalten stehen bereits Flachbildfernseher, und zu Weihnachten werden wohl einige weitere Haushalte ein HD-fähiges TV-Gerät anschaffen. Allerdings ist damit der Sprung ins HD-Zeitalter nur halb geschafft. Was vielfach noch fehlt, ist eine geeignete Quelle, die die hochauflösenden Bilder liefert, bei denen die HD-Ready- oder gar Full-HD-Displays erst ihre vollen Qualitäten zeigen können.

Bislang waren Besitzer eines Flachbildschirms auf Blu-ray angewiesen oder – sofern an ihrem Wohnort verfügbar – auf die HD-Angebote der Kabelbetreiber. Langsam, aber sicher wächst auch die Zahl der TV-Programme, die via Satellit in HD empfangbar sind.

Neue HD-Programme

Neben ORF, Arte und Pay-TV-Angeboten wie Sky (vormals Premiere) haben seit November auch RTL/Vox HD-Kanäle gestartet. Anfang 2010 sollen Pro7/Kabel1 und vor Beginn der Olympischen Winterspiele 2010 im Februar noch ARD und ZDF mit HD-Programmen folgen.

Abgesehen von dem kleinen Schönheitsfehler, dass wohl ein Großteil des HD-Programms kein „echter“ High-Definition-Content, sondern Material in Standardauflösung sein wird, das auf HD hochgerechnet wurde, braucht der Konsument auch wieder neue Technik, um die hochauflösende Fernsehwelt zu genießen.

Der Satellitenbetreiber Astra setzt für die neuen High-Definition-Programme nämlich auch ein neues Verschlüsselungssystem namens HD+ ein. Derzeit verstehen erst eine Handvoll Receiver HD+ (www.hd-plus.de/receiver-tabelle). Wer bereits einen HDTV-fähigen Receiver besitzt, muss darauf hoffen, dass der Hersteller ein passendes Modul beziehungsweise ein Softwareupdate zur Verfügung stellt. Diese sind von namhaften Playern für das erste Quartal 2010 angekündigt. Allerdings ohne Garantie, dass jedes Modell berücksichtigt wird.

Offiziell gar nicht für Österreich

Seher in Österreich stehen zudem vor dem Problem, dass Astra den Empfang von HD+ auf Deutschland beschränken will und für HD+ zertifizierte Geräte eigentlich gar nicht in Österreich verkauft werden sollten. Während die Hardware via Internet oder Kurztripp über die Grenze relativ leicht zu besorgen ist, dürfte spätestens nach zwölf Monaten Tricksen angesagt sein. HD+ ist nämlich nur ein Jahr lang gratis, danach kostet das Abo jährlich 50 Euro – und die Karten müssen wohl ebenfalls über Deutschland besorgt werden. Allerdings ist es fraglich, ob HD+ überhaupt erstrebenswert ist. Das neue Verschlüsselungssystem ermöglicht den TV-Anbietern, die Nutzungsmöglichkeiten ihrer Sendungen empfindlich einzuschränken: So können Aufnahme und zeitversetztes Fernsehen entweder ganz unterbunden oder zeitlich begrenzt werden. Etwa indem Sendungen per Time-Shift nur maximal 90 Minuten verschoben angesehen oder aufgezeichnete Sendungen einige Tage nach der Aufnahme unbrauchbar werden. Besonders störend: Auch das Vorspulen bei Werbeblöcken lässt sich unterbinden.

Schwarzer Peter nach Hollywood

Welche der möglichen Einschränkungen tatsächlich wirksam werden, liegt im Ermessen der einzelnen Programmanbieter. Diese geben den Schwarzen Peter an die Filmstudios in Hollywood weiter, die auf restriktiven Lizenzvereinbarungen bestünden.

So könnte der Umstieg auf High Definition nicht nur das Ende des Gratis-TV einläuten, sondern auch Festplattenrekorder de facto nutzlos machen. Ob dies im Interesse der Hardwarehersteller ist, darf bezweifelt werden – vom Konsumenten ganz zu schweigen.

INFO HD+

Die Verschlüsselung HD+ von Astra wird für die HD-Programme der Sender ARD, ZDF, Pro7, Sat1, Kabel1 und Vox verwendet. Zum Empfang ist ein HD+ tauglicher Receiver notwendig. Mit HD+ können die Sender die Nutzung ihrer Programme einschränken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2009)

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