Element 112: Flüchtig, aber okay

Schweizer Forschern reichten zwei Atome des superschweren 'Ununbium' zur Charakterisierung. Ihr Befund: Es bindet sich an Gold, passt damit ins Periodensystem.

Als Dimitri Iwanowitsch Mendelejew (1834 bis 1907) erstmals ein Periodensystem der chemischen Elemente aufstellte, war ein Ziel: die Eigenschaften bisher unbekannter Elementen vorauszusagen. Das gelang ihm: Die Lücken, die seine Reihe der Elemente aufwies, wurden mit Elementen gefüllt, die sich (ungefähr) so verhalten, wie es ihrer Stellung im Periodensystem entspricht.

Zu seinen Ehren nannten US-Forscher 1955 das Element mit der Kernladungszahl 101 Mendelevium. Wie alle Elemente ab 95 (Americium) kommt es nicht natürlich vor, alle seine Isotope zerfallen radioaktiv – wann, das kann man nicht sagen, nur, wie lang es dauert, bis von einer Menge an Atomen die Hälfte zerfallen ist (Halbwertszeit).

Vom Element 112, bisher prosaisch „Ununbium“ (Uub) genannt, hat ein Isotop (283Uub) immerhin eine Halbwertszeit von zirka drei Minuten. Das genügte Forschern um Robert Eichler am Paul-Scherrer-Institut (Villigen, Schweiz) für eine „chemische Charakterisierung“ (Nature, 447, S.72).

Was konnte man für das 1996 in Darmstadt erstmals hergestellte Ununbium vorhersagen? Es steht in einer Nebengruppe (Gruppe 12) des Periodensystems, unter Zink (Zn), Cadmium (Cd) und Quecksilber (Hg). Das heißt, es ist ein Metall, wenn auch ein ungewöhnliches, das flüssige Hg ist ja auch nicht gerade typisch. Charakteristisch für Hg ist auch, dass es Legierungen (Amalgame) mit vielen anderen Metallen bildet. Auch mit Gold: Darum wird es zur Goldwäsche verwendet, es löst feinen Goldstaub.

Die Schweizer Chemiker kehrten in ihren Versuchen sozusagen die Rollen um: Sie zeigten, dass sich Uub-Atome (offenbar mit einer metallischen Bindung) an eine Gold-Oberfläche hängen – und konnten sogar eine Adsorptionsenergie messen, obwohl sie nur zwei Atome zur Verfügung hatten.

Atome des Edelgases Radon wurden in einem analogen Versuch nicht adsorbiert. Mit diesem Vergleich, meinen die Schweizer, haben sie in einer chemischen Kontroverse Recht behalten. Andere Forscher glauben nämlich, dass Ununbium weniger dem Quecksilber ähnle als den (besonders reaktionsträgen) Edelgasen. Schuld daran seien relativistische Effekte, die auftreten, weil in so schweren Atomen die Elektronen so schnell sind, dass man mit Effekten der speziellen Relativitätstheorie rechnen müsse. Offenbar fallen diese doch nicht so ins Gewicht.

Stolz sind die Schweizer auch auf ihre Methode: Ihre Ununbium-Atome entstanden durch Verschmelzung von Kalzium- und Plutonium-Kernen (48Ca und 242Pu) zu einem Isotop des Elements 114 (287114), das schnell zu 283112 zerfällt. tk

Inline Flex[Faktbox] LEXIKON: Periodensystem("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2007)

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