Was darf eine Eizelle kosten?

Medizin. Stammzell-Forscher sind uneins, ob Spenderinnen entlohnt werden sollen.

Welchen Wert hat ein Ei, keines vom Huhn, sondern eines vom Menschen? Manche meinen: Gar keinen, jeden Monat werden Milliarden bei Frauen rund um die Erde beim Eisprung frei und verschwinden ungenutzt. Andere halten dagegen: Einen unbezahlbaren, es kann ein Mensch daraus werden. Wieder andere halten die Frage für unangemessen bis anstößig, selbst Molekularbiologen bitten bisweilen, das Wort zu vermeiden und durch "Eizelle" zu ersetzen. Gut, dürfen Eizellen zur Ware werden?

Sie sind es geworden, für Eizellen - Hunderte - hat der koreanische Stammzell-Fälscher Hwangh bezahlt, er brauchte sie für seine Produkte: Embryonale Stammzellen, die Patienten auf den Leib geschneidert sind. Zu ihrer Gewinnung kann man keine "überzähligen" Embryonen aus der künstlichen Befruchtung verwenden, dazu braucht es Eizellen. In die werden die Gene der Patienten geklont - Ergebnis sind Stammzellen bzw. aus ihnen gewonnene Transplantate, die genetisch identisch mit den Empfängern sind und von ihrem Immunsystem nicht abgewehrt werden.

Bisher behilft sich die Forschung mit Eizell-Spenden von Frauen, die ohnehin in Fruchtbarkeits-Kliniken behandelt werden: Für die In-vitro-Fertilisation (IVF) wird mit Hormonspritzen die Eizell-Produktion angeregt. Dabei fallen Eizellen an, die nicht für die IVF gebraucht werden, aber ihre Zahl ist gering, und die Bereitschaft, für Stammzellen zu spenden, ist es auch. Um sie zu heben, bietet das North East England Stem Cell Institute (Newcastle) Eizell-Spenderinnen eine teilweise Kostenübernahme der IVF an. Die zuständige britische Behörde hat das genehmigt, anderswo darf für Eizell-Spenden überhaupt kein Geld fließen - in Schweden etwa -, wieder anderswo sind Eizell-Spenden verboten - in Japan -, in vielen Ländern gibt es keine Regelungen.

Zur Klärung hat die International Society for Stem Cell Research (ISSCR) eine Arbeitsgruppe gegründet, die Meinungen sind geteilt, sie orientieren sich an zwei Präzedenzfällen, Organspenden und Knochenmarkspenden für die Forschung. Für Erstere gibt es kein Geld - außer Ersatz für Fahrtkosten etc. -, bei Letzteren werden auch Zeitaufwand und Unannehmlichkeiten abgegolten. Die sind bei Eizell-Spenden hoch: 40 Stunden müssen die Frauen für Vorgespräche und Untersuchungen aufwenden, dann bekommen sie drei Wochen lang täglich eine schmerzhafte Spritze zur kontrollierten Eierstock-Stimulation. Schließlich werden die Eizellen in einem chirurgischen Eingriff entnommen, bisweilen unter Anästhesie.

Das Ganze ist riskant, es gibt Nebenfolgen, die ärgste heißt Hyperstimulation, sie trifft sechs Prozent der Frauen, die sich für IVF der Prozedur unterziehen. Dabei werden zu viele Eizellen freigesetzt, 30 oder mehr, es kommt zu Blutungen, teilweise Nierenversagen, manchmal Tod, sechs Fälle sind bekannt. Sorgen bereiten auch mögliche Langzeitfolgen: 1989 spendete eine Frau in London Eizellen für ihre unfruchtbare Schwester, fünf Jahre später starb die Frau an Darmkrebs. Ähnlichen Verdacht gab es bei Brust- oder Eierstockkrebs, aber die Zusammenhänge sind nicht klar: Es kann sein, dass nicht das Verfahren, sondern die therapierte Unfruchtbarkeit hinter den Tumoren steht (Nature, 442, S. 607).

Soll also die Qual entgolten werden, soll es das Risiko? Oder würde man vor allem arme Frauen erst in ein Risiko hinein locken? Die ISSCR-Gruppe konnte sich nicht entscheiden: Es dürfe keine "unangemessenen" Einflüsse auf potenzielle Spenderinnen geben, formuliert sie, definiert das aber nicht. Auch Nature kann sich nicht entscheiden: Man druckt einen flammenden Appell für den Handel ab (442, S. 629) und hält zugleich per Editorial dagegen (442, S. 601): "Wenn Stammzell-Forscher mehr bezahlen wollen, müssen sie überzeugender argumentieren, wie die Rechte der Spenderinnen geschützt werden können."

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