Von Ost Nach West: Wie Petrof-Klaviere die Konkurrenz überflügelten

Das tschechische Unternehmen Petrof wurde zu Zeiten der Monarchie gegründet, später enteignet, dann verstaatlicht und schließlich wieder privatisiert.

N
ur wenige Unternehmen Böhmens und Mährens wa ren so eng mit der österreichisch-ungarischen Monarchie verbunden wie die Klavierwerke Petrof. In mancher Hinsicht schlugen sie sogar die Konkurrenz aus Wien. Und heute geht es ihnen wirtschaftlich eindeutig besser als den meisten Vorbildern.

Antonín Petrof ist 18 Jahre alt, als 1857 Jan Heitzmann auf Besuch nach Königgrätz (Hradec Králové) kommt. Er ist nicht nur ein Onkel mütterlicherseits, sondern auch mit seinem Kompagnon Hölzl bereits wohlbestallter Klavierhersteller zu Wien. Jung-Antonín lernt in der Kaiserstadt das Handwerk, kehrt 1864 nach Böhmen zurück und baut in monatelanger Kleinarbeit sein erstes Klavier. Ein Jahr später - wenige Monate vor der Schlacht von Königgrätz - erfolgt die Registrierung der Firma. 1894 werden die ersten Instrumente exportiert, 1895 wird Petrof zum k.u.k. Hoflieferanten ernannt, wenige Jahre später ist er der größte Klavierhersteller der Monarchie. Zum 50. Gründungstag 1914 wird das 30.000. Klavier hergestellt.

Nach dem Tod des Gründers 1915 teilen sich die Söhne Jan und Antonín jun. die Geschäftsführung. Unter ihnen kommt neben der traditionellen Klavierbaukunst auch die Modernisierung nicht zu kurz. Nach dem Ersten Weltkrieg werden neben Flügeln ("Fonola") auch elektropneumatische Pianos hergestellt. Zwei Petrof-Enkel, die in der Schweiz mit dem späteren Schuhindustriellen Tomás Bata studiert haben, sind an der Entwicklung radioakustischer Pianos der Firma Bechstein beteiligt, bei denen der Ton durch Sensoren abgenommen und über Lautsprecher verstärkt wird. 1932 übernimmt die dritte Generation der Petrofs - Dimitri, Eduard und Eugen - das Unternehmen.

Der Enteignung 1945 folgt die Verstaatlichung. Das Unternehmen "Tschechoslowakische Musikinstrumente" baut traditionelle und neu entworfene Klaviere aller Formate. Der Markenname Petrof wird beibehalten. 1959 werden vier Familienmitglieder gerichtlich verfolgt. Antonín Petrof jun. wird eingekerkert. 1964 freigelassen, stirbt er kurz darauf im 84. Lebensjahr.

1990, nach dem Ende des Staatssozialismus, wird das Unternehmen in die "staatliche Petrof-Company" transferiert. Zu dieser gehören neben den beiden Petrof-Werken auch die böhmischen Klavierfabriken A. Foerster & Weinbach sowie Rösler. Die Privatisierung wird auf die lange Bank geschoben. 1991 tritt Ing. Jan Petrof als stellvertretender Handelsdirektor in das "fremde" Unternehmen ein, 2000 folgt ihm die fünfte Petrof-Generation. 2001 führt die Privatisierung zur Vereinigung mit Továrna na piano zu Petrof s.r.o. Heute beschäftigt das Unternehmen mehr als tausend Mitarbeiter in fünf Fabriken.

Viele Musiker und andere Künstler haben sich in Petrof-Instrumente verliebt, unter ihnen Wilhelm Kempf, Sviatoslav Richter, Carlo Zecchi oder Paul Badura-Skoda. José Carreras, Plácido Domingo und Luciano Pavarotti wurden bei ihrem Konzert in Prag auf einem Petrof-Flügel begleitet, Opernsänger Peter Dvorský besitzt selbst einen. Zahlreiche Jazz-Größen, Chansonniers und Pop-Interpreten von Ray Charles bis Richard Clayderman, von Count Basie bis Gilbert Becaud, aber auch der Österreicher Joe Zawinul spielten auf dem tschechischen Fabrikat. Petrofs sind in der Mailänder Scala ebenso zu finden wie im Opernhaus von Sydney sowie in zahlreichen Konzertsälen und Rundfunkstudios in aller Welt.

Ein Musikhändler in Wheeling im US-Bundesstaat Illinois weiß, was er an der tschechischen Marke hat: Das Modell mit der schlichten Nummer 1 (Stil "Mistral", Ausführung Ebenholz-Hochglanz) wurde um stolze 66.500 Dollar angeboten. Aber nur kurz: Der Petrof-Flügel ist längst verkauft, während ein Bösendorfer seit Monaten zu haben ist.

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