Rumänien hofft auf seine Gastarbeiter in Spanien

Das neue EU-Mitglied kämpft in vielen Bereichen mit dramatischem Arbeitskräftemangel, der sich vor allem in der Bauwirtschaft durch die niedrige Bezahlung weiter zu verschärfen droht.

WIEN (p.m.). Die spanische Börse sei durch den plötzlichen Verfall der Bau-Aktien geschockt worden, schrieb die rumänische Online-Agentur HotNews.ro dieser Tage. Und verknüpfte die Meldung mit einer Hoffnung: Wenn die spanische Krise anhalte, könnten rumänische Bauarbeiter heimkehren, um beispielsweise bei der Siebenbürgen-Autobahn mitzuwirken. Bei den beiden großen spanischen Baukonzernen FCC und Sacyr Vallehermoso seien an die 50.000 Rumänen beschäftigt.

Die Meldung illustriert besser als alle Statistiken die gesamteuropäische Problematik. Rumänien kämpft seit Jahren mit Arbeitskräftemangel. Laut Dumitru Pelican, Chef des Bukarester Arbeitsamtes, fehlen in der Bauwirtschaft regelmäßig 55 Prozent der erforderlichen Belegschaften. In der Leichtindustrie seien es sogar 57 Prozent, während im Fremdenverkehr wenigstens knapp mehr als die Hälfte der Jobs besetzt sei.

Als Hauptproblem bezeichnet Pelican – neben mangelhaftem Fachwissen – die niedrigen Löhne. Ein guter Maurer könne in Rumänien zwischen 2000 und 2500 Lei (588 bis 735 Euro) monatlich verdienen, im Ausland 1700 bis 2000 Euro. „Die Rumänen können arbeiten, sie wollen arbeiten, doch in den letzten zwei, drei Jahren ist ihnen die Lust vergangen, für wenig Geld zu arbeiten“, so Pelican.

Umgedrehte Geschichte

Kein Wunder, dass sich sogar die Geschichte umkehrt. Vor zweieinhalb Jahrhunderten hatte Kaiserin Maria Theresia Slowaken nach Siebenbürgen geschickt, die dort oft als Bergleute tätig waren. Jetzt hat die slowakische Bergbaufirma Hornonitrianské Prievidza Rumänen engagiert. Personalchef Tibor Svarc ist vom Fachwissen der Gastarbeiter begeistert. Seit Rumänien EU-Mitglied sei, gebe es auch mit den Arbeitsgenehmigungen keine Probleme.

Mit Ausnahme Ungarns sind die 2004 beigetretenen Reformstaaten sehr freizügig gegenüber den „neuen“ Bulgarien und Rumänien. Ungarn öffnet nur jene Bereiche, in denen es selbst Arbeitskräftemangel hat. „Man kann nicht Wasser predigen und dabei Wein trinken“, meinte etwa der tschechische Arbeitsminister Petr Necas, schließlich wollten ja viele Tschechen im EU-Ausland arbeiten.

Neun Länder ohne Restriktion

Die meisten EU-Altmitglieder unterscheiden sehr genau zwischen den am 1. Mai 2004 beigetretenen Ländern sowie Bulgarien und Rumänien, die heuer EU-Mitglieder wurden. Seit dem Tag der Arbeit dürfen Menschen aus den „2004er“ Ländern in neun „alten“ EU-Staaten unbeschränkt Jobs annehmen: Die Niederlande gesellten sich zu den Pionieren Großbritannien, Irland und Schweden, die von Anfang an keine Restriktionen hatten. Im Vorjahr liberalisierten Finnland, Griechenland, Italien, Portugal und Spanien. In Frankreich gilt für die „2004er“ eine Einschränkung: Sie dürfen keine Jobs erhalten, um die sich auch Franzosen bewerben. Für Bulgaren und Rumänen hat Frankreich die erleichterte Vergabe von Arbeitsgenehmigungen gerade auf 61 Berufe ausgedehnt.

Die Niederlande werden aber das Kraut wohl nicht fett machen. Im Vorjahr bekamen dort etwa 59.000 Bürger Ostmitteleuropas Arbeitsgenehmigungen, mehr als 90 Prozent von ihnen Polen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2007)

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