Korruption: Pyrrhussieg für Präsident Basescu?

Rumäniens vom Volk bestätigter Staatschef im Kampf gegen die wuchernde Korruption.

WIEN/BUKAREST.Nicht nur EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und der Brüsseler Universitätsprofessor Jean-Michel De Waele sind einer Meinung: Die Lage in Rumänien ist nach der Volksabstimmung über die Amtsenthebung von Staatspräsident Traian Basescu nicht besser, zumindest die Vertrauenskrise gegenüber der Politik schwelt weiter. Die 74,35prozentige Mehrheit gegen die Amtsenthebung sei keine Mehrheit für Basescu gewesen, sondern eine gegen Profiteure wie den konservativen Parteichef Dan Voiculescu oder in undurchsichtige Affären verwickelte Geschäftsleute wie Gigi Becali.

Auch Basescu selbst war nicht immer jener Saubermann, als der er nun gern dastünde. „Traian Basescu als Champion des Kampfes um Demokratie zu beschreiben, ist übertrieben“, sagte De Waele laut „Financial Times“. Umgekehrt, so der belgische Politologe, „ist es ebenso lächerlich, ihn mit Mussolini oder Ceausescu zu vergleichen“.

Voiculescu wirft Basescu vor, als Student der Marinehochschule Mitarbeiter der Geheimpolizei Securitate gewesen zu sein. „Ich kenne zwei Personen, die Opfer der Secu-Meldungen von Basescu waren“, sagte der konservative Parteichef, obwohl ein „Komitee zur Durchleuchtung der Securitate-Akten“ Basescu einen Persilschein ausgestellt hatte. Soeben hat Voiculescus Partei neue Informationen veröffentlicht. Sie stützen sich auf Aussagen des pensionierten Offiziers und Lehrers an der Marinehochschule, Ovidiu Adamescu.

Verfahren gegen Parteichef

Pikanterie am Rande: Die „Landesdirektion gegen Korruption“ (DNA) hat am 30. April ein Verfahren gegen Voiculescu und seine Tochter Camelia eingeleitet. Sie werden verdächtigt, in einen Skandal um die staatliche Lottogesellschaft verwickelt gewesen zu sein.

Neben der „Agentenvergangenheit“ hat Rumänien weiterhin ein gravierendes Problem mit der alles überwuchernden Korruption, zu der jetzt ein mehr oder weniger offener Machtkampf kommen wird. Nur eines bleibt Basescu sicher: der für seine Kraftakte verliehene Beiname „Popeye“. Für Joan Hoey, Analystin der Londoner „European Intelligence Unit“, hatte er sich zu viele Feinde unter den Abgeordneten gemacht, indem er „seine Wahlversprechen von 2004 in die Realität umsetzte“. Und das war der Kampf gegen Korruption.

Basescu galt vor der Wahl zum Präsidenten in der Volksmeinung nicht gerade als harmlos. Auf einer Website wurde er, damals Oberbürgermeister von Bukarest, an der Spitze einer „Korruptionsliste“ geführt, gleichauf mit Verwaltungsminister Octaviu Cozmanca. Erst danach folgten in der Meinung der Internet-Surfer der in eine Ölschmuggel-Affäre verwickelte Corneliu Popa und der damalige Senatspräsident Nicolae Vacaroiu. Noch weiter hinten lag der frühere Ministerpräsident Adrian Nastase.

EU-Justizkommissar Franco Frattini fürchtet, dass der oberste Korruptionsbekämpfer Daniel Morar abgesetzt werden könnte. Frattini reagierte damit auf die Absetzung des Staatsanwalts Doru TuluT durch Justizminister Tudor Chiuariu. Aus Protest traten in Chiuarius Ministerium prompt drei ranghohe Beamte zurück. Der Minister begründete die Absetzung mit TuluT' angeblicher Untätigkeit. Im Gegensatz dazu meint Chiuarius Vorgängerin Monica Macovei, die Entfernung des Juristen stelle „eine klare politische Einmischung in schwebende Verfahren“ dar. TuluT ermittelte gegen zahlreiche Politiker.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.