Niederlande: "Organhandel" durch SMS-Voting

Die neueste Idee der "Big Brother"-Erfinder Endemol: Das niederländische TV-Publikum soll über die Vergabe einer Spenderniere entscheiden.

Menschen, die auf eine Organspende angewiesen sind, warten oft jahrelang auf ein passendes Spenderorgan. Diese Wartezeit ist für die Betroffenen zumeist ein wahrer Alptraum. Geht es nach dem Erfinder der "Big Brother"-Containershows Endemol und dem niederländischen TV-Sender BNN, dann soll der Alptraum am kommenden Freitag zumindest für einen Patienten zu Ende sein. Dann nämlich will der Privatsender zwischen 20.30 Uhr und 21.50 Uhr einem von drei Nierenkranken ein Spenderorgan zuschanzen. Welcher der drei Kandidaten die Niere erhalten wird, soll das Publikum vor den Fernsehgeräten per SMS entscheiden.

Kurzfilme stellen Kandidaten vor 

In "De Grote Donorshow", also der "großen Spendershow", stellt eine unheilbar an Krebs erkrankte 37-Jährige, die sich "Lisa" nennt, ihre Niere zur Verfügung. Erhalten soll sie einer von drei Kandidaten im Alter zwischen 18 und 40 Jahren. Diese werden im Rahmen der Sendung durch Kurzfilme, die ihren Alltag zeigen, vorgestellt. Wer der Glückliche sein wird, der sich der Transplantation unterziehen kann, darf der Zuschauer bei Bier und Knabberzeug im gemütlichen Fernsehsessel entscheiden.

Paul Beerkens, Direktor der niederländischen Organspende-Organisation, beurteilt die Sendung zwiespältig. Einerseits sei man "froh, dass durch Endemol die Schwierigkeiten, die wir haben, Spender zu finde, in die Öffentlichkeit kommen". Auf der anderen Seite gehe die Art und Weise der Vergabe bedenklich "in Richtung Organhandel". BNN-Vorsitzender Laurens Drillich erklärte, durch die "Spendershow" solle auf die schwierige Situation von Patienten, die auf ein Orgen warten, aufmerksam gemacht werden.

Regierungspartei will "Riegel vorschieben" 

Die Teilnehmer der Show hätten "eine viel höhere Wahrscheinlichkeit, eine Niere zu erhalten" als auf dem herkömmlichen Weg über die Warteliste einer Klinik. Mit der Sendung wolle man zudem dem BNN-Moderator Bart de Graff gedenken, der vor fünf Jahren an Nierenversagen gestorben ist. De Graff war einer der beliebtesten TV-Entertainers des Landes gewesen und selbst jahrelang vergeblich auf der Warteliste für eine Organspende gestanden.

Trotzdem steht die "Spendershow" unter heftiger Kritik. In dieser Woche soll sich das niederländische Parlament in einer Fragestunde mit der Sendung beschäftigen. Joop Atsma, Pressesprecher der christdemokratischen CDA von Premierminister Jan Peter Balkenende, forderte eine Aussprache von BNN und Endmol mit der Regierung. Atsma will bis Freitag "der ganzen Sache einen Riegel vorschieben". Die Zeit dafür könnte aber knapp werden. Eine Klage gegen die Austrahlung von "De Grote Donorshow" wurde in erster Instanz bereits abgewiesen. (Ag./Red.)

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