Berlinale: Ruzowitzkys Blüten-Zeit

Der österreichische Filmemacher Stefan Ruzowitzky ist erstmals im Wettbewerb der Berlinale. Im Interview erzählt er, Warum er sich nie festlegen will und wann er gerne eine Konfetti-Parade gehabt hätte.

Aufmerksame Werbespotzuseher waren schon einmal bei Stefan Ruzowitzky zuhause. Sozusagen. Denn die „Teekanne“, die macht den Tee direkt in seinem Wohnzimmer. Der Regisseur vermietet sein Haus ab und zu für Werbefilmproduktionen: „Aber nicht oft. Wir verlangen sehr viel ...“ Ist ja auch wirklich gemütlich –  trotzdem wird Ruzowitzky in nächster Zeit nicht viel zuhause sein. Denn mit seinem neuen Film „Die Fälscher“ geht er auf Festival-Tournee.

Und die Berlinale macht den Anfang. Ob er dort auch ausgezeichnet wird, ist Ruzowitzky allerdings eher egal: „Es ist einfach das perfekte Schaufenster, um den Film vorzustellen. Ich hab letztens den Film und Berlinale gegoogelt, da gibt‘s schon 1200 Einträge. Das schafft man sonst nicht. Ein Preis wäre nur ein Sahnehäubchen.“

Stefan Ruzowitzkys Filmografie ist nicht gerade eintönig. Da ist der Mühlviertel-Western „Die Siebtelbauern“, der Raver-Film „Tempo“, der Medizinerhorror „Anatomie“, die Männer-in-Frauenkleidern-Klamotte „All the Queen‘s Men“. Wird ihm denn so schnell langweilig? Da muss der Filmemacher erstmal zustimmen, und er sieht noch andere Vorteile im fantasievoll-unsteten Curriculum Vitae: „Wenn ich nach Anatomie fünf Horrorfilme gemacht hätte, würde ich nichts anderes mehr in die Hände bekommen. Bei mir denkt sich jeder, probieren kann man‘s ja.“

Groteskes Luxus-KZ.

So kam es auch, dass ihm der Stoff des Films „Die Fälscher“ zugetragen wurde. Die Geschichte handelt von einem weithin unbekannten Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Im KZ Sachsenhausen richteten die Nazis eine Fälscherwerkstatt ein, in der KZ-Häftlinge Pfund- und Dollarnoten herstellen mussten. Damit sollte in den letzten Zügen des Kriegs noch die Gegner destabilisiert werden. Reste der Pfundbestände wurden im österreichischen Toplitzsee versenkt. Von dort kam auch der erste Impuls zur Verfilmung: Ruzowitzkys Kameramann Benedict Neuenfels erzählte von den Wirten rund um den See, bei denen überall diese Pfundnoten hängen, die immer wieder aus dem Wasser geholt werden. Auch wenn Ruzowitzky alles macht – einen KZ-Film wollte er eigentlich nie drehen. Die Fälscher-Häftlinge lebten in einem eigenen Bereich, in dem sie sich waschen konnten und zu essen bekamen. Die groteske Idee dieser Art „Luxus-KZ“, einem goldenen Käfig, reizte den Regisseur doch. Für die historische Richtigkeit arbeitete das Team eng mit dem 90-jährigen Adolf Burger zusammen, der selbst zu der Fälschertruppe gehörte. Von dem Anspruch, hundertprozentige his-torische Wahrheit zu verbreiten, hält Ruzowitzky freilich nichts: „Sowas find ich als studierter Historiker und gelernter Journalist albern. Da gab‘s ja auch die Diskussion beim Film ,Der Untergang‘, bei dem die Frage war, darf man Hitler so zeigen, und das Gegenargument war, aber dafür sind die Türschnallen historisch korrekt ...“

Diskussionen muss sich Ruzowitzky vielleicht auch bald stellen. Obwohl er mit der hiesigen Filmkritik seinen Frieden gemacht hat. Nach dem internationalen Erfolg von „Siebtelbauern“ (1998) sah das noch anders aus: „Damit bin ich um die Welt gereist, der Film wurde überall sensationell aufgenommen, man hatte das Gefühl, wenn man nach Hause kommt, wird man mit einer Konfettiparade als Retter des österreichischen Films gefeiert. Und dann heißt es: Naja, ist eh ned so schlecht. Man hat hier das Gefühl, Kino ist nichts kulturell Wichtiges.“ Dementsprechend hat Ruzowitzky auch einen Wunsch an die neue Regierung: „Der österreichische Film ist zurzeit künstlerisch irre erfolgreich, aber es klappt halt nicht, dass man das an der Kinokasse auch umsetzt. Da müsste man im Sinne eines umsichtigen Unternehmens, wenn man die Regierung als so etwas betrachtet, mehr investieren.“
Um einen Ruzowitzky zu sehen, muss man übrigens nicht einmal ins Kino gehen: Auch Werbespots setzt er in Szene. „Der bekannteste derzeit ist das ,Ja-natürlich-Schweinderl‘“. Ins Haus kommt ihm das aber nicht ...

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