Die Kehrseite im Vordergrund: Milos Forman wird 75

Einer der ganz großen der Leinwand wird 75. Mit "Einer flog übers Kuckucksnest" und "Amadeus" konnte er Regie-Oscars einheimsen.

Milos Forman stellt seine Fans gern auf die Geduldsprobe. Nach "Amadeus" (1984) ließ er sie fünf Jahre warten, bevor er "Valmont" auf die Leinwand brachte. Dann nahm sich der Regisseur sieben Jahre Zeit, um "Larry Flint - Die nackte Wahrheit" zu drehen. Nach "Der Mondmann" (1999) vergingen wieder sieben Jahre, bevor er sich jetzt mit "Goyas Geister" zurückmeldete. Forman, der an diesem Sonntag (18. Februar) seinen 75. Geburtstag feiert, ist für die meisten jedoch das Genie hinter der Produktion "Einer flog über das Kuckucksnest". Dieser Oscar-überhäufte Klassiker ist nun schon über 30 Jahre alt. Einen Überblick über Formans Schaffen bietet noch bis 25.2. eine Retrospektive im Film Archiv Austria.

Von einigen Ausnahmen abgesehen, hat es sich immer gelohnt, auf Formans Filme zu warten. Der Exil-Tscheche und Wahl-Amerikaner, der 1932 in Mittelböhmen als jüngster Sohn eines jüdischen Lehrers zur Welt kam, geht kontroverse Stoffe mutig an und führt häufig die Kehrseiten seiner Figuren vor. Reine Filmbiografien seien meistens "ziemlich langweilig", sagte er kürzlich. "Da muss immer noch etwas anderes in der Geschichte stecken. Bei 'Amadeus' war das der Konflikt zwischen Salieri und Mozart." Mit "Kuckucksnest" entfachte er eine Debatte über den Umgang mit psychisch kranken Menschen. "Larry Flynt", die Geschichte des erfolgreichen US-Verlegers des Pornoblattes "Hustler", löste eine heftige Diskussion um dessen Rolle als Vorkämpfer der Meinungsfreiheit aus.

Wider Zensur und Intoleranz

Seinen Kritikern bietet er gewöhnlich die Stirn. "Ich lebte selbst lange genug in einer Gesellschaft, die intolerant war und wo Zensur herrschte. Ich weiß, was das für die Lebensqualität bedeutet", sagte er vor zehn Jahren auf der Berlinale, wo "Larry Flynt" im Wettbewerb lief. In seiner Heimat erlebte er Faschismus und Kommunismus, bevor er 1969 in die USA emigrierte. Seine Eltern kamen in den Konzentrationslagern Auschwitz und Buchenwald um. Er und seine beiden Brüder wuchsen bei Freunden und Verwandten auf.

An der Prager Filmakademie lernte Forman sein Handwerk. Nach seinem Spielfilmdebüt "Der schwarze Peter" (1963) wurde er durch ironische Komödien wie "Die Liebe einer Blondine" und "Der Feuerwehrball" auch international bekannt und mehrfach ausgezeichnet. Anfang 1968, also noch im brüchigen "Prager Frühling" und vor dem sowjetischen Einmarsch im selben Jahr, verließ Forman sein Heimatland und ging über Paris nach Hollywood.

Triumph und Niederlage

Sein erstes Hollywood-Projekt, die Generationen-Satire "Taking Off" (1971), holte sich zwar beim Cannes-Festival einen Jury-Preis, fiel aber an den amerikanischen Kinokassen durch. Doch vier Jahre später triumphierte er auf der Oscar-Bühne, als "Einer flog übers Kuckucksnest" als bester Film, für das beste Drehbuch, Jack Nicholson und Louise Fletcher als Darsteller und Forman als Regisseur gekürt wurden. "Amadeus" wurde gleich mit acht Oscar-Trophäen überhäuft, darunter der zweite Regie-Oscar für Forman.

Mit diesen Erfolgen waren die Flops sicher leichter zu verkraften. Für sein Zeitenpanorama der Jahrhundertwende "Ragtime" (1981) konnte er zwar Altstar James Cagney noch einmal vor die Kamera locken, aber der Film kam beim Publikum nicht an und wurde ein kommerzielles Desaster. Auch "Valmont" (1989), eine Adaption des Romans "Gefährliche Liebschaften" von Choderlos de Laclos, erwies sich als Misserfolg. Etwa zur selben Zeit hatte der britische Regisseur Stephen Frears mit der Verfilmung desselben Stoffes großen Erfolg.

2 x Zwillinge

Die verschmitzte Komödie "Der Mondmann" über den umstrittenen US- Komödianten Andy Kaufman, mit dem Kanadier Jim Carrey in der Hauptrolle, prägte in besonderer Weise sein Familienleben. Die Zwillingsjungen, die ihm 1998 während der Dreharbeiten seine dritte Ehefrau, Martina Zborilova, gebar, nannte er Andrew und James - nach Andy Kaufman und Jim Carrey.

Mit seinen erwachsenen Zwillingssöhnen aus erster Ehe meldet sich Forman in diesem Frühjahr mit einem ganz neuen Projekt zurück. Erstmals hat er einen Auftrag des Nationaltheaters in Prag angenommen. Wie das Filmblatt "Variety" berichtet, wird er im April die Jazz-Oper "Gut bezahlte Spaziergänge" der tschechischen Autoren Jiri Suchy und Jiri Slitr aufführen. Die Söhne Petr (Co-Regie) und Matej (Bühnenbild) werden ihrem Vater dabei zur Seite stehen. (Ag.)

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