Kritik Film: Handy und Herrschaft

"Princesas" vom spanischen Regisseur León de Aranoa.

Der Jugendliche blickt den Krankenhausflur entlang, visiert die junge Frau an, signalisiert den im Zimmer wartenden Kumpels ihre Ankunft. Sie kichern, doch der im Bett Liegende realisiert seine Geburtstagsüberraschung erst, als die Prostituierte Cave ihren Kopf zwischen seine Beine senkt...

Princesas ist vor allem ein Film zum Herrschaft der Blicke und der damit verknüpften Macht: Wie Caye und ihre spanischen Freundinnen die Straßen-Strichmädchen verurteilen, aus ihrer lasziven Gangart ihre Herkunft (meist aus Afrika) lesen, darin manifestieren sich Alltagsrassismus und Hackordnung.

Lebenslügen

Dramaturgisch ist Princesas ineffizient, trotz ständig wiederkehrender Motive. Etwa Familienessen mit der verwirrten Mutter, die sich Blumen schickt und vormacht, sie seien vom toten Ehemann. Caves Lebenslüge: Sie verheimlicht ihren Job. Das Klingeln des Mobiltelefons ist eine (nervende) Erkennungsmelodie für die verfahrene Situation.

Spätestens ab der Mitte entwickelt der anfangs sympathische Film unangenehmen Drall in Richtung vorgeschobener politischer Korrektheit, die stereotyp und aufgesetzt wirkt. Vor allem das Bemühen von Caye und Zulema um eine konventionelle Beziehung entspricht spießbürgerliche Fantasien: weibliche Selbstbestimmtheit als Übergangszustand, der in Monogamie zu überführen ist.

De Aranoa serviert Erwartetes (z.B. romantisches Abendessen, das ein Ex-Freier stört), steuert zuletzt die Umkehr des Blickregimes an, was zumindest eine befriedigende Auflösung sichert. Als das Handy Caye einmal mehr an ihre Doppelexistenz erinnert, ruft sie der Mutter zu: „Geh du ran!“ Es geht nicht mehr darum, wer unter einem steht, sondern darum, über den Dingen zu stehen: wie Prinzessinnen eben. mak

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2007)

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