Plastikblumen wachsen anmutig aus dem Mund

Neu im Kino. Darren Aronofskys "The Fountain".

Hoffnungstod: Der New Yorker Darren Aronofsky galt nach dem somnambulen Drogenfilm Requiem for a Dream vielen als origineller Vertreter einer Veränderung im US-Kino. Von Ablösung der linearen Erzählung war die Rede, von einem Aufbruch und Durchbruch – der sich nun mit The Fountain als steriles Ausstattungskino zu erkennen gibt.

Aronofsky versucht sich darin als Inszenator einer Urgeschichte, so episch und allgemeingültig, dass sie mehr als eine Raumzeit benötigt: Im 16.Jahrhundert sucht ein spanischer Konquistador (Hugh Jackman) in Südamerikas Dschungel eine Maya-Pyramide, die den Quell des Lebens beherbergt. Heute sucht ein Wissenschaftler (Jackman) verzweifelt, obsessiv ein Heilmittel für seine todkranke Frau (dekorativ: Rachel Weisz). Im 26.Jahrhundert schwebt Jackman als Raumfahrer, in einer Blase mit einem mysteriösen Baum, zu einem sterbenden Stern.

Aber der Film ist nicht nachzuerzählen, liegt doch Aronofskys Schwerpunkt (oder was davon nach sechs Jahren Entstehungsgeschichte übrig blieb) wieder im Bildgewaltigen. Mit Kameramann Matthew Libatique hat er einen stringenten Farbcode erarbeitet, der die drei ineinandergreifenden Segmente strukturiert, wie sich auch Formen wiederholen und fortsetzen.

Der Effekt ist mäßig: Zu viele spirituelle Richtungen im inhaltlichen Schmelztiegel verhindern die avisierte formale Konzentration, dem Trip werden die Qualitäten eines Trips geraubt. Funktionierten Aronofskys Piund Requiem for a Dream auch aufgrund ungnädiger Rhythmisierung, fehlen The Fountain Timing und relevante Charaktere.

Ewiges Leben? Nullsummenspiel!

Jackmans gestaltwandlerische Erscheinung ermöglicht kaum Mitgefühl, Rachel Weisz' bemühte Darstellung der sterbenden Frau belustigt eher, als dass sie berührt. Aronofsky bemüht allerlei Ikonografisches: Vom Tod als Schöpfungsakt über den Baum der Erkenntnis zum Quell ewigen Lebens reichen die Mythen, auf die er seine Erzählung gründet und von deren Größe sie verschlungen wird. Zweifelsohne produziert Aronofsky kunstfertige Bilder: Der Film wird dabei, mehr noch als seine vorigen, zur Konzeptarbeit, die minuziös durchdeklinierte Bedeutungsverhandlung zum Nullsummenspiel.

Die Figuren bleiben Abstrakta in abstrakter Umwelt. Wenn sich zuletzt die Erzählstränge zu treibenden Rhythmen von Komponist Clint Mansell zu vereinen scheinen und Jackman Plastikblumen aus dem Mund wachsen, ist es ein Moment gnädiger Anmut, bevor alles zusammenstürzt. Dem Zuseher bleibt dann nichts als die Erkenntnis, kostbare Lebenszeit verschwendet zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.03.2007)

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