Intrigen unterm Regenbogen

Neues für Freunde des Martial Arthouse: Zhang Yimous Film "Der Fluch der Goldenen Blume" erzählt wieder eine bunte Geschichte von Liebe und Krieg.

Einst wurden Zhang Yimous Filme vom chinesischen Regime verlässlich verboten. Jetzt ist er der Regisseur, dem die Koordination von Eröffnung und Abschluss der Olympischen Spiele in Peking 2008 übertragen wird. Ein kleiner Vorgeschmack kommt am Ende seines neuen Historienspektakels Der Fluch der Goldenen Blume: Da lässt Zhang in Staatsoperndirektormanier Scharen von Statisten zu einem Lied über Loyalität in einer Massenchoreografie aufmarschieren. Unabhängig von politischen Fragen ist Zhang ein fetischistischer Farbfilmemacher geblieben. Schon als Kameramann hatte er für andere Vertreter der „fünften Generation“ chinesischer Regisseure kunstvolle Farbton-Arrangements entworfen, etwa für Chen Kaiges Provinzdrama Gelbe Erde (1984), mit dem Chinas Kino in den Blickpunkt westlichen Interesses rückte.

Vier Jahre später errang Zhang mit seinem charakteris-tisch bildlastigen und farbenprächtigen Regiedebüt, dem historischen Melodrama Das rote Kornfeld (1987), den Goldenen Bären von Berlin, mit seiner Hauptdarstellerin Gong Li verband ihn bald eine tiefgreifende berufliche wie private Bindung: Ihre Filme – am berühmtesten darunter wohl die Konkubinen-Saga Rote Laterne (1991) – wurden im Westen gefeiert, in der Heimat unterdrückt.

Turandot im Fußballstadion.

Während sich die Beziehung mit der zu Chinas Vorzeige-Diva gewordenen Gong Li nach der gemeinsamen Gangsterballade Shanghai Triad (1995) endgültig zerschlug, verbesserte sich diejenige zum Staat: 1998 durfte Zhang die Oper „Turandot“ in der Verbotenen Stadt aufführen. Seine monumentale Inszenierung mit über 500 Statisten tourte 2005 schließlich auch durch Europa – in Fußballstadien! Dazwischen wurde Zhang mit den im Gefolge von Ang Lees Crouching Tiger, Hidden Dragon (2000) entstandenen Kampfkunst-Großfilmen Hero (2002) und House of Flying Daggers (2004) wichtigster Repräsentant einer sowohl auf nationalistisches Prestige wie internationalen Kassenerfolg ausgerichteten panasiatischen Blockbuster-Renommee-Kultur: Aus Martial Arts wurde Martial Arthouse.

Seine Neigung zu technischer Raffinesse, zu mittlerweile digital verstärktem Farbenspiel und rituell choreografier-ter Bewegung lebte Zhang dabei in großem Maßstab aus. Zumindest Hero mit der verschachtelten Spiegelkabinett-Anordnung zu Loyalitätskonflikten, Tyrannenmord und Staatsräson kann dabei als zwiespältige Selbstreflexion eines endgültig zum Staatsfilmer gewordenen Ästheten gelten, den man einst für einen Rebellen halten wollte.

Shakespeare und Seifenoper.

Auch Der Fluch der Goldenen Blume ist voller Palastintrigen, die sind aber eher eine endgültige Apotheose des Edelkitsches, mit dem Zhang schon in House of Flying Daggers Formalismus nach Erfolgsformel praktizierte: Das Wiedersehen mit Gong Li gerät erstaunlich steif. Die königlichen Konflikte während der späten Tang-Dynastie, im Jahr 928, führen zwar zu einer gewaltigen computergenerierten Schlacht, aber eigentlich ist der Film eine Zeremonie der Erstarrung. Auch Hongkongs Action-Export Chow Yun-fat, als Gong Lis Gatte wie mörderischer Widersacher besetzt, agiert wie ein tragischer Gefangener im Ritual – dabei benötigt er zur Entfaltung seines Charismas Beweglichkeit und Ironie.

Die schier undurchschaubare Mischung aus Shakespeare und Seifenoper ist aber ohnehin Nebensache für den oberflächenverliebten Zhang: Schon die Palast-Säulen strahlen in allen Regenbogenfarben, noch gewagter sind (Farb-)Attacken draußen – ob Flugangriffe sichelschwingender schwarzverhüllter Ninjas oder das blutrote Spuren ziehende, aber in seiner Digitalität auch blutleere Aufeinandertreffen der Armeen auf gelbem Blumenmeer. Ein Bild-Zitat verschnürter Kämpfer offenbart Zhangs Vorbild: einen kaum bekannten Klassiker des Kanton-Kinos, den Allrounder Chor Yuen, der seine von unabhängigen Sozialdramen zu Gaunerkomödien reichende Filmografie ab 1975 mit farblich versierten und labyrinthischen Kampfkunstfilmen beendete. Von den geradezu an Borges gemahnenden Doppelbödigkeiten in Chors außerordentlichem Martial-Arts-Zyklus vermittelt Zhangs Film aber wenig: Bleibt ihm der Trost, das bunteste Kino-Stück des Jahres vorgelegt zu haben.

Tipp

Der Fluch der goldenen Blume

ab 27.4. im Kino

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.