"Ein mutiger Weg": Zeitgeschichte, zwischenmenschlich

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Angelina Jolie im Dokudrama „Ein mutiger Weg“ zum Fall Pearl.

Am 23. Januar 2002 verschwand Daniel Pearl, Südasienkorrespondent beim Wall Street Journal am Weg zu einem Interview in der Hafenstadt Karatschi in Pakistan. Ein Monat später bestätigten die US-Behörden seine Ermordung durch die Entführer. Dazwischen liegt der Leidensweg der schwangeren Mariane Pearl, den Brite Michael Winterbottom nun als Film erzählt: US-Star Angelina Jolie spielt die französische Radiojournalistin, ihr Gatte Brad Pitt produzierte.

Winterbottoms Kino lebt von Gegensätzen: Er impft alten Romanvorlagen gegenwärtige Sensibilität ein (Jude nach Thomas Hardy), lässt verschiedene Stile kollidieren (im Musikfilm 24 Hour Party People ist das England der 1980er zugleich farblos und bunt, realistisch und impressionistisch) oder reduziert (Zeit-)Historie auf individuelle Effekte, im Quartett „politischer“ Filme: Welcome to Sarajevo, In This World, The Road to Guantánamo, und nun Ein mutiger Weg.

Massenwirksames Illustrieren

Die Erzählung ist auf die leidende, kämpfende Mariane (Jolies beste Rolle seit Jahren) konzentriert, ihre Diskussionen mit Freunden, Bekannten, Justizbeamten und Geheimdienstlern. Der junge dänische Kameramann Marcel Zyskind, seit 2002 bei Winterbottom, liefert dynamische, außergewöhnlich bewegliche Bilder, die den Balanceakt zwischen Fakt und Fiktion unterstreichen und den Zuschauer allein aufgrund der dauernden Reizwechsel bei Laune halten: Karatschi wird zur ortlosen Stadt zwischen dem Orangegelb der sengenden Sonne und einem erdrückenden Nachtschwarz.

Inhaltlich folgt der Stoff der üblichen Leitmotivik von Winterbottoms Politfilmen: Zwischenmenschliche Zuneigung wird einmal mehr getestet und bewiesen (siehe Originaltitel: A Mighty Heart). Mariane tut das sogar im TV, womit Winterbottom wieder seine Rolle als Behauptender reflektiert und seine Repräsentationen von Realität in Frage stellt.

Als Regisseur begreift er politische Filme nur dann als wirksam, wenn sie massenkompatibel sind: Tatsächlich reduziert sich sein Reiz als Inszenator stark, wenn er weder stilistische Brüche setzt noch das lineare Erzählen unterwandert. Dann ist Michael Winterbottom, wie schon im Guantánamo-Film, nur mehr Illustrator: ein Bilderlieferant für Geschichten, die ihm die Realität diktiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2007)

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