"Planet Terror": Amüsantes Materialschlachtfest mit Monstern

Tarantino bei seinem Gastauftritt.
Tarantino bei seinem Gastauftritt.(c) Senator
  • Drucken

„Planet Terror“ von Tarantino-Zwilling Robert Rodriguez: Kino für jugendliche Popfans. Ab Freitag.

In der Spaßfabrik von Robert Rodriguez regiert das Grobschlächtige: der Texaner macht Art Brut für ein vorwiegend junges, popkulturell sozialisiertes Publikum, das mit dem von Quentin Tarantino beinahe deckungsgleich ist. Der Schachzug eines gemeinsam organisierten und realisierten Billigfilms ist insofern sehr clever: Das Projekt Grindhouse, das im Frühjahr in den US-Kinos an- und aufgrund von Zuschauermangel gleich wieder auslief, sollte an die gleichnamigen Schundkinos erinnern, in denen bis in die 1970er-Jahre hinein Doppelvorstellungen von Trash- und B-Filmen gezeigt wurden.

Den wahnhaften Reminiszenzen der beiden Regie führenden Filmliebhaber haben sich in den USA zu wenige angeschlossen. Als Konsequenz wurde das Doppel für alle ausländischen Märkte geteilt: Tarantinos Death Proof hat die heimischen Kinos bereits vor Monaten heimgesucht, nun folgt Rodriguez' Planet Terror.

Das erste Opfer des Konzepts ist in beiden Arbeiten das Filmmaterial: um die Patina von jahrelang in Filmdosen vergammelten Zelluloidrollen nachzuformen, hat für Planet Terror ein eigener Schmutzsetzer gearbeitet. Schlieren ziehen sich durch das Bild, die Tonspur knistert und knattert, die Übergänge zwischen den Rollen sind gewollt rau. In der zweiten Hälfte des Films schmilzt dann sogar die Emulsion und der Texteinschub „fehlende Rolle“ vertritt einen ganzen Handlungsakt. Die Geschichte ist, sofern überhaupt notwendig, schnell erzählt: Nachdem US-Soldaten bei einem Auslandseinsatz in Kontakt mit einer neuen Biowaffe gekommen sind, verwandeln sie sich – freilich im Heimatland – in Zombies. Eine Truppe zufällig Überlebender – darunter: Rose MacGowan, Michael Biehn und Josh Brolin – flüchtet vor den Monstren, bewaffnet sich schließlich und badet im Blut.

Die Filme von Robert Rodriguez sind gefühlte Spielplätze: einige als ernst gemeinte, quietschbunte Kinderabenteuer (die Spy Kids-Trilogie), andere als Bubenfantasien mit Brüsten und abgerissenen Köpfen (From Dusk Till Dawn, Sin City).

In Planet Terror verbindet sich die Lust am Umgestalten (von Filmmaterial, von Schauspielern, von Drehorten) mit der Lust am Nachspielen (von Lieblingsfilmen, -figuren und -szenen). Dementsprechend gibt sich der Film in der Endfassung sequenziell organisiert: anstatt einer durchgehenden Dramaturgie schiebt Rodriguez seine Figuren von einem Szenenaufbau in den nächsten. Bekannte Gesichter (etwa: Bruce Willis) sprechen in Klein- wie Kleinstrollen vor und Musikant Rodriguez hetzt die Tonspur durch die Horrorfilmgeschichte von John Carpenter bis Dario Argento.

Schlicht, dennoch überzeugend

Das Ergebnis überzeugt trotz einiger Leerläufe aufgrund seiner Schlichtheit: Rodriguez ist als Regisseur weitaus bescheidener als Kollege Tarantino (dessen Death Proofwie alle seine Filme akademisch angestrichen war) und hat ein zufriedenstellendes Materialschlachtfest inszeniert.

Planet Terror ist eine barocke Ausschweifung des Massenkinos: überladen, übersteuert, überschätzt. Aber eben auch: unterhaltsam, unterschwellig, untergriffig. Und damit hat Rodriguez alle Versprechen des Grindhouse-Kinos eingelöst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.